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Bei der Verankerung von Informatik und "digitalem Denken" im Bildungssystem ist nach Ansicht von Vertretern der IKT-Branche viel Zeit verschwendet worden. Im Rahmen der von der Österreichischen Computer Gesellschaft (OCG) gestarteten Initiative "Bildung 4.0" forderten sie am Mittwoch bei einer Pressekonferenz durchgehenden Informatik-Unterricht und eine Grundausbildung für Pädagogen.

"Informatisches Denken"

Seitens der OCG arbeite man bereits seit sehr langer Zeit daran, "Computational Thinking" (auf Deutsch: "Informatisches Denken") prominenter auf die bildungspolitische Agenda zu setzen. "Leider mit bisher überschaubarem Erfolg", wie OCG-Präsident Markus Klemen erklärte. Die Diagnose, dass ein Einblick in die Welt des Programmierens in Zukunft zu einem noch wichtigeren Faktor am Arbeitsmarkt und für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung des Landes wird, höre man zwar allerorts und insbesondere auch von Politikern. Tatsächlich tue sich an Schulen und Kindergärten jedoch wenig.

Die Gesellschaft bemühe sich in dem Bereich zwar, auf Kinder und Jugendliche zuzugehen, "wir brauchen aber mehr Unterstützung von der Politik", sagte Klemen. Darum möchte man im Rahmen von "Bildung 4.0" in Kooperation mit dem Verband Österreichischer Software Industrie (VÖSI), Digital City Vienna, dem Branchenzusammenschluss ICT Austria sowie die Schweizer Informatik Gesellschaft (SI) sowie zusammen mit Unternehmen wie IBM, Microsoft und Oracle den Forderungen neuen Nachdruck verleihen.

Vielversprechende Programme

Es gebe schon seit einiger Zeit auch in Österreich vielversprechende Programme, mit denen bereits Kinder im Alter von fünf oder sechs Jahren spielerisch Zugänge zu jener Grundmaterie bekommen, aus der dann viele Anwendungen gestrickt werden, die sie etwa am Smartphone bereits sehr jung nutzen. Dazu brauche es auch nicht überall unbedingt Rechner-Infrastruktur: Man könne "Computational Thinking nämlich auch ohne Computer üben", erklärte Gerald Futschek von der Fakultät für Informatik der Technischen Universität (TU) Wien. Wichtig wäre ein durchgehender Unterricht in dem Bereich über alle Schulstufen hinweg, wie das in Ländern wie Großbritannien, Südkorea oder der Slowakei bereits der Fall ist. Außerdem brauche es eine möglichst flächendeckende Mindestqualifikation für Pädagogen.

Beim Blick auf Österreich sei das Bild aber eher "erschütternd", sagte Wolfgang Horak, Geschäftsführer von ICT Austria. An AHS habe man immer noch lediglich zwei Stunden Informatik-Unterricht in der 5. Klasse, und hier liege der Fokus vor allem auf der Anwendung von Programmen wie Word, Excel oder Power Point. "Wir sind hier viel, viel zu spät", so Horak.

Jugendliche müssten mehr darüber wissen, "wie die digitale Welt funktioniert"

Eine "dramatische Situation" – auch an den Unis – ortete der Rektor der Universität für angewandte Kunst Wien, Gerald Bast. Jugendliche müssten mehr darüber wissen, "wie die digitale Welt funktioniert". Digitales Denken gehöre neben Lesen, Schreiben, Rechnen, einem Verständnis für wirtschaftliche Abläufe, Philosophie und kultureller Bildung mittlerweile zu einer der wichtigsten Voraussetzungen zur Teilhabe an der Gesellschaft. (APA, 7.9. 2016)