Das Wartezimmer in Sigmund Freuds Praxis.

Foto: Sigmund Freud Privatstiftung

Die geplante Bibliothek im zweiten Stock.

Foto: Sigmund Freud Privatstiftung

Die Schauräume sollen überarbeitet werden.

Foto: Sigmund Freud Privatstiftung

Im Erdgeschoß wünscht man sich ein Kaffeehaus.

Foto: Sigmund Freud Privatstiftung

Wien – "Berggasse 19" ist eine Marke. Das Haus, in dem Sigmund Freud von 1891 bis zu seiner Vertreibung im Jahr 1938 lebte und arbeitete, wo er bahnbrechende Werke wie die Traumdeutung schrieb und virginiaschmauchend in die geplagten Seelen der Wiener Gesellschaft blickte, lockt Interessierte aus aller Welt.

Der Öffentlichkeit als Museum zugänglich gemacht wurde die Wohnung 1971. Freuds jüngste Tochter Anna erwirkte an dem Standort zudem den Aufbau der weltweit zweitgrößten Bibliothek psychoanalytischer Fachliteratur. Die Dauerausstellung umfasst Originaldokumente, Fotos und Stücke aus Freuds Antikensammlung.

1996 wurden die Räumlichkeiten für Wechselausstellungen erweitert, im Erdgeschoß entstand später ein Schauraum für Konzeptkunst. 2006 brachte die Stadt Wien das Haus in die gemeinnützige Sigmund-Freud-Privatstiftung ein. Die Stiftung betreibt das Museum mit rund 350.000 Euro Subvention, 75 Prozent der Betriebskosten können selbst gestemmt werden. Von den zuletzt rund 90.000 Besuchern jährlich kommen gut 90 Prozent aus dem Ausland, vor allem Deutsche, Amerikaner und Briten.

Was erfreulich klingt und Wien satte Imagegewinne bringt, wurde in den letzten Jahren aber zunehmend zum Problem. "Wir sind ja in Wirklichkeit kein Museum, sondern eine 280-Quadratmeter-Wohnung", sagt Aufsichtsratsvorsitzender Franz Jurkowitsch.

Sanierungsplan bis 2020

Die steigenden Besucherzahlen würden das Haus überfordern, sowohl die Bausubstanz als auch das inhaltliche Angebot bedürften einer dringenden Überarbeitung. Gemeinsam mit dem Architekten Markus Spiegelfeld hat man in den letzten zwei Jahren ein um fassendes Konzept erarbeitet. Es sieht eine Sanierung vom Keller bis zum Dach vor, im Erdgeschoß soll ein Café Altwiener Stils eingerichtet werden. Der Bibliothek will man im zweiten Stock ausreichend Raum geben – als Lese-, Studier- und Veranstaltungsort. Die nutzbare Fläche soll sich dadurch verdoppeln. Auch der barrierefreie Zugang soll ermöglicht werden.

Der Budgetplan bis zur angepeilten Eröffnung im Jahr 2020 sieht Investitionen von fünf Millionen Euro vor. Verhandlungen mit der öffentlichen Hand führe man diesbezüglich schon länger, sagt Monika Pessler, seit 2013 Direktorin des Hauses. Mit einer Drittellösung zwischen Bund, Stadt und Museum könne man sich anfreunden. Von Kulturminister Thomas Drozda (SPÖ) habe man unlängst eine Zusage erhalten, ausstehend sei hingegen eine Beteiligung Wiens. Das Museum selbst ist mit seinem Anteil auf Sponsoren angewiesen. Mehr als 100.000 Besucher jährlich erwartet man sich nach Umsetzung der Pläne. Die dann steigenden Betriebskosten wolle man ohne zusätzlicher Subvention aus den eigenen Einnahmen decken.

Ideelle Unterstützung erfährt das Projekt durch Nachkommen Sigmund Freuds, Philosophin Judith Butler, Schriftsteller Gerhard Roth sowie der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung. Auch die Direktion des Freud Museums in London begrüßt das Vorhaben. Dort steht auch die bekannteste Ikone der Psychoanalyse: Sigmund Freuds Couch. Im Wiener Museum soll ihrer künftig aber nicht mit einem Nachbau oder Fotografien gedacht werden; stattdessen ist eine bewusste Leerstelle als Mahnung an die Flucht Freuds vor den Nationalsozialisten geplant. (Stefan Weiss, 7.9.2016)