Die Sachlage rund um den angedrohten Streik der Wiener Spitalsärzte ist kompliziert und auf diesem Raum nicht darstellbar. Man bekommt jedoch eine Ahnung, wo einer der Gründe für die verhärteten Fronten liegen könnte, wenn man diese Zitate aus einem Standard-Interview mit dem Chef des Wiener Krankenanstaltenverbundes (KAV), Udo Janßen, liest. Der KAV ist der Arbeitgeber der Spitalsärzte; er bezeichnet den Streik als Dienstrechtsverletzung und hat aufgefordert, streikende Ärzte zu melden.

"Jeder Arzt wird von uns bezahlt, im Gegenzug schuldet er uns Arbeitsleistung. Was passiert, wenn er diese nicht erfüllt, muss im Einzelfall bewertet werden."

"Es ist uns völlig egal, aus welchem Grund sie nicht zum Dienst erscheinen."

"Wir haben einen aufrechten Vertrag, der nicht verhandelbar ist."

Die Umstellung der Dienstzeiten für Ärzte war dringend notwendig, weil vieles daran nicht mehr zeitgemäß ist (und weil dem Gesundheitssystem der Stadt das Geld ausgeht). Es gibt auch in der Ärztekammer einige Scharfmacher. Aber aus den nassforschen Äußerungen des KAV-Chefs scheint wenig Wertschätzung für Ärzte zu sprechen – ein Vorwurf, den manche Mediziner auch der Wiener Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely machen. So, wie in der Medizin die Dosis das Gift macht, so macht in arbeitsrechtlichen Verhandlungen auch der Ton die Musik. (Hans Rauscher, 8.9.2016)