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Wahlkampf bei den Sozialdemokraten. Sie liegen voran, ihnen droht dennoch wieder die Opposition.

Foto: Reuters / Antonio Bronic

Nach der Wahl ist vor der Wahl – ist nach der Wahl. Es ist zu erwarten, dass die am Sonntag anstehenden Parlamentswahlen in Kroatien ein ähnliches Ergebnis bringen werden wie 2015. Keine der großen Volksparteien wird allein regieren können.

Der Unterschied ist nur, dass der Chef der konservativen HDZ in der Zwischenzeit ausgewechselt wurde. Statt des selbstzerstörerischen Tomislav Karamarko, der auch seine Partei in eine Krise stürzte und die Regierung zu Fall brachte, tritt nun der ehemalige EU-Parlamentarier und Ex-Diplomat Andrej Plenković für die HDZ an.

Ein gutes Verhältnis zur "Most"

Den Umfragen zufolge liegt die von den Sozialdemokraten (SDP) geführte Wahlkoalition vorn. Sie könnte etwa 62 der 151 Sitze im Parlament, dem Sabor, erringen. Die HDZ dürfte etwa 55 Parlamentarier stellen, hat aber bessere Koalitionschancen als die SDP. Das liegt daran, dass die Neo-Partei Most ("Brücke"), die diesmal etwa zehn Mandate bekommen dürfte, nicht mit SDP-Chef Zoran Milanović koalieren will. Und Plenković hat bereits ein gutes Verhältnis zu Most aufgebaut.

Entscheidend ist demnach, ob Most ausreichend Stimmen bekommen wird, um eine Regierung mit der HDZ zu bilden. Diesmal könnten sich aber auch die Minderheiten, für die acht Sitze reserviert sind, eher für die HDZ entscheiden als für die SDP – insbesondere die Vertreter der serbischen Minderheit. Denn Milanović hat kürzlich die serbische Regierung verbal attackiert, während Plenković einen moderaten und europäisch ausgerichteten Kurs eingeschlagen hat. Plenković ist allerdings ziemlich unbekannt und hat wenig Charisma.

Attacken gegen die Nachbarn

Für die SDP ist eine große Koalition mit der HDZ die einzige Option. Der Zagreber Politologe Dejan Jović weist aber darauf hin, dass Milanović die Chance auf eine solche Koalition durch seine untergriffigen Attacken gegen die Nachbarstaaten und Plenković un tergraben hat. Andererseits wäre eine Regierung mit HDZ, Most und den Minderheitenvertretern nicht sehr stabil, weil sie nur eine knappe Mehrheit hätte.

Ein mögliches Szenario ist, dass Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarović zunächst den Sozialdemokraten, die ja höchstwahrscheinlich die Wahl gewinnen werden, den Auftrag zur Regierungsbildung geben wird. Diese hätten dann 30 Tage Zeit, mit einem Vorschlag zu ihr zurückzukommen. Schaffen sie es nicht, wird sich Grabar-Kitarović an die HDZ wenden. Für den neuen HDZ-Chef Plenković entscheidet die Wahl seine Parteikarriere.

Von alten Kadern durchdrungen

Schafft er es nicht, eine Regierung zu bilden, wird er wohl von den eigenen Leuten – insbesondere den Nationalisten – unter Beschuss genommen. Die HDZ ist noch immer von den alten Karamarko-Kadern durchdrungen, und die sind deutlich weiter rechts angesiedelt. Kommt Plenković allerdings ins Premiers amt, wird er wohl versuchen, die moderaten Kräfte abzusichern – Davor Božinović soll das Amt des Außenministers übernehmen.

Damit könnte sich auch das angespannte Verhältnis zum Nachbarstaat Serbien verbessern. Der bisherige Außenminister Miro Kovač stoppte die Eröffnung von weiteren Verhandlungskapiteln zwischen Serbien und der EU. Auch der umstrittene bisherige Kulturminister Zlatko Hasanbegović würde unter Plenković keinen Ministersessel mehr bekommen.

Auf der linken Seite gibt es kaum Alternativen zu SDP. Die Anti-Zwangsräumungs-Partei Živi zid ("Die Mauer lebt") gilt als nicht koalitionsfähig. Spannend wird, ob die Intellektuellenpartei Pametno ("Vernünftig") einen Platz im Sabor erringen kann. (Adelheid Wölfl, 9.9.2016)