Iris Kaltenegger brachte das Architektur-Event "Open House" nach Wien. Hier lebt die Architektin mit ihrer Familie in einem Gründerzeithaus im zweiten Bezirk. Wer fragt, warum, bekommt als Antwort: Typisch!

"Ich wohne hier mit meinem Mann und meinen beiden Kindern seit zehn Jahren. Wir sind damals von London zurückgekommen und hatten zwei Wochen Zeit, eine Wohnung zu finden. Das hatten wir den Bekannten, bei denen wir in dieser Zeit wohnten, versprochen.

Zweiter statt dritter Bezirk: Eigentlich wollte Iris Kaltenegger beim Rochusmarkt wohnen. Nun fühlt sich die "Open House"-Organisatorin aber auch in der Leopoldstadt sehr wohl.
Foto: Lisi Specht

Ich kannte Wien damals überhaupt nicht. Mein Mann stammt aus Graz, ich selbst bin aus Salzburg. Als wir London nach sieben Jahren verließen, waren wir der Meinung, dass es wohl schwierig werden würde in einer kleineren Stadt. Es musste zumindest Wien werden, das war klar.

Wir sahen uns also in der Stadt um, und ich wollte dann unbedingt in den dritten Bezirk, weil mir der Rochusmarkt so gut gefallen hat. Leider konnten wir in den zwei Wochen dort keine Wohnung finden. Dafür sind wir hier im zweiten Bezirk fündig geworden und wenig später in eine Mietwohnung direkt gegenüber von unserem jetzigen Wohnhaus eingezogen. Der Mietvertrag war befristet, nach drei Jahren mussten wir raus. Unsere jetzige Eigentumswohnung kannten wir da schon, wir hatten sie zuvor schon mal besichtigt. In den drei Jahren kam die Finanzkrise dazwischen, die Wohnung wurde ein wenig billiger. Da wussten wir, dass wir sie jetzt kaufen müssen. Sie hat 100 Quadratmeter und ist sehr hell.

Fotos: Lisi Specht

Die Mietwohnung zuvor hatte nur 70 m², mit zwei Kindern war das schon eng. In London hatten mein Mann und ich allerdings auf nur 35 Quadratmetern gewohnt, in einem Georgian House, ganz zentral am Fitzroy Square, erster Stock. Die Beletage hatte vier Meter Raumhöhe und ganz hohe Fenster mit Schiebeelementen. Man hatte also vorne einen 60 cm breiten Balkon und konnte die Fenster ganz aufmachen. Das war dann so, als würde man direkt auf der Straße sitzen. Diese 35 m² haben sich dadurch nicht so klein angefühlt.

Diese Großzügigkeit einer Wohnung, die weniger mit der Quadratmeteranzahl, aber sehr viel mit der Kubatur zu tun hat, mit der Raumhöhe, ist mir sehr wichtig. Sobald man etwas mehr Höhe hat, hat man das Gefühl, man hat nach oben Luft. Ich liebe es außerdem, wenn Pflanzen von oben in den Raum dringen und so ein bisschen Natur in die Stadt bringen. Ganz wichtig sind mir außerdem Lampen, ich liebe Lampen. Einen Balkon hätte ich natürlich auch gerne, aber der ist halt dann dem Kompromiss zum Opfer gefallen.

Fotos: Lisi Specht

Außerdem wollte ich in Wien unbedingt in einem Gründerzeithaus leben. Ich habe einmal ein Jahr im spanischen La Coruña studiert, dort wollte ich unbedingt in den typischen Altbauten mit den vorgehängten Wintergärten wohnen. Das ist mir damals leider nicht geglückt – es wurde ein Neubau. Damals dachte ich mir aber schon: Ich möchte nur noch in einer Wohnung wohnen, die typisch ist für die jeweilige Stadt.

Und das Typische für Wien ist eben die Gründerzeit. Diese großen Fluchten, wenn man die Türen aufmacht, die Weite, die man da kreiert, ist wunderschön.

Ich kann mir gut vorstellen, hier alt zu werden, mitten in der Stadt. In Kaffeehäuser zu gehen und die Leute um mich zu haben. Das einzige Problem hier könnte werden, dass der Lift erst nach ein paar Stufen zu erreichen ist.

Ob ich mit meiner Wohnung auch bei "Open House" mitmachen würde? Ja, warum nicht! Ich war bisher bloß der Meinung, dass es spannendere Wohnungen gibt als meine. Ich lernte diese Veranstaltung in London kennen. Es geht weniger ums Einrichten als um die Art des Wohnens. Wir wollen möglichst viele Konzepte zeigen: Atriumhäuser, Gemeindebauten, Gründerzeit-Zinshäuser, moderne Architekten-Einfamilienhäuser. Alles soll dabei sein." (10.9.2016)