Über Geheimdiensttätigkeit kursieren hierzulande dreierlei Vorstellungen. Die eine kennt man aus einschlägigen Spionagefilmen. Die zweite hat mit der hiesigen Tradition des Wegschauens der Behörden und allenfalls patscherten Verfolgens von Spionage im gemütlichen Agententreff Wien zu tun – ebenfalls filmreif, aber nicht so populär wie James Bond. Und drittens gibt es eine weitverbreitete Furcht, dass datenhungrige Dienste uns den letzten Rest von Privatsphäre nehmen.

Für alle drei Varianten liefert Florian Horcicka Belege, alles kommt in Österreich vor: Lauschen, Stehlen, Morden und ein bisschen Sex im Agentenmilieu, mehr oder weniger erfolgreiche behördliche Spionageabwehr und auch eine Datensammelwut. Wobei sich der Autor selbst als talentierter Sammler erweist – viele seiner Informationen sind bereits irgendwo im Internet oder in Zeitschriften zu lesen gewesen. Horcickas Verdienst ist es, sie gewissenhaft und mit Quellenangabe versehen zusammengestellt und etliche ebenfalls gut belegte Anekdoten dazugeliefert zu haben – was einen guten Überblick über den aktuellen Stand der Aktivitäten diverser "Dienste" in Österreich ergibt. Und einen treffenden Blick auf die auch gegen Österreich gerichtete Bedrohungslage.

So verweist er auf eine auch im Standard zitierte Studie des Sicherheitsunternehmens Corporate Trust, der zufolge der Schaden durch Industriespionage in Österreich 1,6 Milliarden Euro im Jahr ausmacht – und jedes zweite Unternehmen betroffen ist. Nur machen sich die Verantwortlichen halt wenig Sorge darum. Dabei ist die Zahl aus dem Jahr 2014 nach Horcickas Recherchen längst übertroffen. Eher liege der Schaden bei über fünf Milliarden im Jahr – plus Dunkelziffer: "Schließlich scheuen sich viele, vor allem mittelständische Firmen, vor Anzeigen zum Thema Industriespionage. Sie fürchten, dass der daraus resultierende Imageverlust mehr Schaden anrichtet als der Spionageangriff selbst." Und so wird weiterspioniert, mit Schlapphut und Computerhacking. (Conrad Seidl, 12.9.2016)