Die Bilder der deutschen Fotografin Gerda Taro von republikanischen Milizionärinnen beim Training gingen um die Welt.

Foto: Gerda Taro

Gerda Taro war eine Pionierin des Fotojournalismus, die bald in Vergessenheit geriet.

Foto: Gerda Taro

Um nicht zu erkennen, dass hier eine Frau schreibe, sei es besser, die eigenen Artikel nur mit den Initialen zu zeichnen, riet eine US-amerikanische Journalistin ihrer Kollegin. Die zwei Frauen hatten sich als ausländische Korrespondentinnen für den Spanischen Bürgerkrieg akkreditiert. Sie wollten gegen den Faschismus kämpfen und mit Füller und Fotoapparat als Reporterinnen von der Front berichten.

Doch der klassische Kriegsberichterstatter war männlich. "Das war ein Abenteurer, ein Held, fast so etwas wie ein Soldat", sagt die Journalistin und Historikerin Renée Lugschitz. Frauen, die über Kriege berichteten, waren ein Novum. Während des Ersten Weltkrieges war die Wienerin Alice Schalek die einzige Frau, die im k. u. k. Kriegspressequartier akkreditiert war. "Der Spanische Bürgerkrieg von 1936 bis 1939 war der erste bewaffnete Konflikt, in dem Frauen in signifikantem Ausmaß als Kriegsberichterstatterinnen auftraten", erzählt Lugschitz.

Über zwei Jahre forschte sie in einem Projekt an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, unterstützt vom Jubiläumsfonds der Österreichischen Nationalbank, zur Rolle der ersten Kriegsreporterinnen im Spanischen Bürgerkrieg. Letzte Woche hielt sie dazu in Wien einen Vortrag. "Im Vordergrund stand der Wunsch, die Welt zum Besseren zu verändern", sagt Lugschitz. "Manche von ihnen haben noch gar nicht gewusst, dass sie das als Journalistin machen werden."

Libertäre Aufbruchstimmung

Von 1936 bis 1939 reisten hunderte Frauen aus aller Welt nach Spanien, um als Antifaschistinnen, darunter Anarchistinnen und Kommunistinnen, ihren Beitrag gegen die Putschisten zu leisten. Welche Aufgaben sie vor Ort im Auftrag der Republik übernehmen sollten, war vielen zu Beginn noch nicht klar. Noch vor der Gründung der Internationalen Brigaden beteiligten sich Frauen als Milizionärinnen an der Front. Doch die bewaffneten Kämpferinnen wurden rasch abgezogen. Die Plätze, die die kommunistisch geprägten Internationalen Brigadisten den Frauen zugedacht hatten, waren andere. Weibliche Freiwillige wurden als Krankenschwestern und Ärztinnen für die Sanität eingesetzt, als Übersetzerinnen und Fahrerinnen arbeiteten sie in Administration und Logistik – unter Einsatz ihres Lebens.

Eine der prominentesten Kriegsreporterinnen, die US-amerikanische Journalistin Martha Gellhorn, sah sich anfangs eher als Kriegstouristin denn als Chronistin. Ohne Verbindung zu einer Zeitung, aber mit einem Empfehlungsschreiben im Gepäck, ging sie 1937 nach Spanien. Sie dachte, "ein Krieg wäre dazu da, dass man als Geste der Solidarität daran teilnahm und sich umbringen ließ oder, wenn man Glück hatte, überlebte, bis der Krieg vorbei war". Mit Schriftstellerkollegen, darunter ihr späterer Ehemann Ernest Hemingway, besuchte sie die Front und schickte einen Bericht an das amerikanische Magazin Collier's, der abgedruckt wurde.

Dass eine neutrale Haltung im Spanischen Bürgerkrieg nicht funktionieren kann, war für Martha Gellhorn klar. "All this objectivity shit", dafür habe sie keine Zeit, schrieb sie. Ihre Reportagen leben von der Empathie und Subjektivität. Gellhorn ist nicht angetreten, um als Kriegskorrespondentin ein neues Berufsfeld zu erobern – das hat sich dann ergeben, sagt Lugschitz.

Bewaffnet mit einer Kamera

1936 machte sich auch die junge Fotografin Gerda Taro auf den Weg nach Spanien. Von den Nazis als Jüdin Verfolgte war sie zuvor aus Deutschland nach Frankreich geflüchtet. Dort lernte sie ihren Freund den ungarischen Fotografen Robert Capa kennen. Mit Kameras bewaffnet zogen sie in den Bürgerkrieg. Sie war die erste Frau, die direkt im Gefecht fotografierte. Ihre Bilder der Milizionärinnen gingen um die Welt. Zusammen mit Capa begründete sie die moderne Kriegsfotografie. Sie starb 26-jährig an der Front.

"Für viele europäische Frauen war die Zeit im Spanischen Bürgerkrieg vordergründig ein Befreiungsschlag – aber nicht aus einer traditionellen Frauenrolle, sondern aus faschistischen oder autoritären Regimen, wo sie politisch verfolgt wurden", berichtet Lugschitz. Dass Frauen überhaupt Kriegsreportagen machen konnten, hat auch mit den Spezifika des Spanischen Bürgerkriegs zu tun. Unter Franco und besonders durch die militärische Unterstützung des nationalsozialistischen Deutschlands und des faschistischen Italiens wurde gezielt die zivile Bevölkerung angegriffen. In Madrid und Barcelona, später auch in Valencia gehörten die Bombardements zum Alltag. Marktplätze wurden ein strategisches Angriffsziel. "Der Topos, der in der Berichterstattung in Bezug auf Frauen am stärksten vorkommt, ist die Situation der Zivilbevölkerung, insbesondere der Frauen in den Städten."

Erweiterter Blick

Inwiefern haben die schreibenden Frauen den Journalismus verändert? Diese Frage zieht sich durch Lugschitz' Forschung. "Die Frauen haben mit ihrem erweiterten Blick auf den Krieg dazu beigetragen, den Journalismus zu verändern. Sie haben transportiert, dass das kein Konflikt ist, der ausschließlich Armeen und Männer berührt, sondern dass es ein ganzes Land trifft und eben auch die Zivilbevölkerung." Die Reporterinnen machten aus ihrem anfänglichen Nachteil einen Vorteil: Zwar fanden sie schwerer Zugang zum Militär, dafür existierten für sie weniger Barrieren zur Zivilbevölkerung – und hier vor allem zu den Frauen.

Zahlenmäßig hat Renée Lugschitz 120 Zeitungsartikel von mehr als 50 ausländischen Kriegsberichterstatterinnen ausfindig gemacht und ausgewertet, unter ihnen auch Berichte der Österreicherinnen Gusti Jirku, später Stridsberg, und Ilse Kulcsar, später Barea-Kulcsar. "Im Vergleich waren natürlich viel mehr Männer als Kriegsberichterstatter tätig, aber das Verhältnis ist ja bis heute nicht ausgeglichen." Über die Zahl der Männer gäbe es nur Schätzungen, man gehe von 900 ausländischen Journalisten aus.

Die Anregung zu diesem Forschungsprojekt kam anlässlich der Recherchen zu ihrem 2012 veröffentlichten Buch Spanienkämpferinnen. In langjähriger Puzzlearbeit konnte Lugschitz rund 400 ausländische Frauen als Kämpferinnen bei den Internationalen Brigaden namentlich erfassen, etwa 25 davon waren Österreicherinnen. Das Buch wurde damals mit dem Anerkennungspreis des Bruno-Kreisky-Preises für das politische Buch 2013 ausgezeichnet. Ein Buch über die Rolle der ersten Kriegsberichterstatterinnen ist in Planung. (Christine Tragler, 18.9.2016)