Der 21-jährige Iraker ...

Foto: APA/ZEITUNGSFOTO.AT

... und sein 28-jähriger Landsmann werden in das Gerichtsgebäude geführt.

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Innsbruck – Ein 21-jähriger Iraker ist am Donnerstag am Landesgericht Innsbruck wegen des Verbrechens der terroristischen Vereinigung zu zwei Jahren Haft verurteilt worden. 16 Monate davon werden bedingt nachgesehen. Das Urteil war vorerst nicht rechtskräftig.

Es gebe "starke Indizien", dass der Mann entgegen seinen Angaben vor Gericht tatsächlich Mitglied der schiitischen Terrormiliz "Asa'ib al-Haqq" war, erklärte der Richter in seiner Urteilsbegründung. Als Milderungsgründe wurden vom Schöffengericht das Alter sowie seine bisherige Unbescholtenheit gewertet.

Der 21-Jährige hatte sich in der Verhandlung nicht schuldig bekannt. Er habe der Terrormiliz nicht angehört, sondern lediglich deren Dachorganisation, so seine Verantwortung. Er habe nur einmal Essen geliefert, dabei habe es sich um eine andere Milizeinheit gehandelt, so der Mann, der im Juni 2015 nach Österreich kam. "Asa'ib al-Haqq" habe er nie angehört, die Miliz habe zudem in der Gegend gar nicht operiert. Sein Verteidiger betonte, sein Mandant sei nie in Kampfhandlungen involviert gewesen. "Er hat nur Lebensmittel von A nach B gebracht", so der Anwalt.

Der 21-Jährige sei Mitglied einer vom souveränen Staat Irak rekrutierten Miliz gewesen, die nur auf dem irakischen Staatsgebiet gekämpft habe, erklärte der Verteidiger. Der Irak habe zum Kampf gegen den "Islamischen Staat" (IS) aufgerufen. Dabei seien auch Milizen zur Hilfe gerufen worden. Der Angeklagte habe sich daraufhin freiwillig gemeldet, dies sei im Jänner 2015 der Fall gewesen.

Die Anklage warf dem Mann hingegen vor, seit 2014 bis Frühjahr 2015 die angebliche Terrormiliz mit Versorgungslieferungen unterstützt zu haben. Nun gelte es für das Schöffengericht zu klären, ob Versorgungslieferungen zur Förderung einer terroristischen Organisation beitragen würden und was überhaupt als terroristisch einzustufen sei und was nicht. Dies sei allerdings schwer, schließlich seien die "Frontlinien nicht klar zu erkennen".

"Wir werden Europa zerstören"

Ein als Sachverständiger beigezogener Nahost-Experte erklärte vor Gericht, dass es sich bei der schiitischen Milizeinheit um eine Terrororganisation handle. Dies habe speziell nach dem Abzug der Amerikaner aus dem Irak im Jahr 2011 "schlimme Verbrechen", unter anderem an der Zivilbevölkerung, begangen.

Der Sachverständige berief sich in seinem Gutachten auch auf Berichte von Menschenrechtsorganisationen. Die Miliz "Asa'ib al-Haqq" sei etwa für die Zerstörung von Häusern und Dörfern im Irak verantwortlich. Zudem habe die Einheit IS-Kämpfer ohne vorheriges Gerichtsverfahren ermordet und Zivilisten, die im Verdacht des Naheverhältnisses zum IS stehen, getötet. "Zusammen mit anderen Milizen hat sie eine regelrechte Säuberung von Sunniten betrieben", sagte der Gutachter. Auch in Gebieten, wo es zu keinen Übergriffen gekommen sei, habe eine Massenflucht von Sunniten stattgefunden. Dies nenne er einen "terroristischen Effekt", so der Experte. Bei der anderen Einheit, der der Angeklagte laut eigenen Angaben angehört haben will, handle es sich um die "Dachorganisation" von "Asa'ib al-Haqq".

Ein als Zeuge geladener irakischer Konsulats-Angehöriger bestätigte letztere Angabe. Die Dachorganisation sei eine "staatliche Organisation", die nur die Befehle der irakischen Regierung ausführen würde. Es handle sich um keine terroristische Einheit. Ohne all diese Organisationen wäre der IS jedenfalls im Irak schon zu weit größerer Stärke erwachsen. Am Ende seiner Befragung stellte der irakische Repräsentant in Österreich dem Richter eine Frage: "Ist denn die Befreiung des Irak eine Straftat in Österreich?"

Mitbewohner des Angeklagten im Flüchtlingsheim sagten als Zeugen in auf Videos aufgenommenen Befragungen aus, dass der 21-Jährige ihnen gegenüber angegeben habe, in Kampfhandlungen verwickelt gewesen zu sein und Menschen getötet zu haben. Er habe als "Scharfschütze" agiert. Zudem habe der Iraker ihnen im Heim auch Handy-Fotos gezeigt, auf denen er bewaffnet zu sehen gewesen sei.

Einer der Zeugen, ein Syrer, erklärte, dass ihm der Angeklagte zudem berichtet habe, mit der Hisbollah im Libanon trainiert und dann in Syrien gekämpft zu haben. Unter einem Video auf Facebook, das die Terroranschläge in Paris zum Gegenstand hatte, habe der Mann zudem den Kommentar "Wir werden Europa zerstören" gepostet.

Auch 28-Jähriger verurteilt

Im zweiten Prozess wegen des Verbrechens der terroristischen Vereinigung am Donnerstag am Landesgericht Innsbruck ist ein 28-jährige Iraker zu 2,5 Jahren unbedingter Haft verurteilt worden. Die schiitische Miliz "Asa'ib al-Haqq" sei als terroristische Einheit zu werten und der Mann habe gewusst, dass er sich einer solchen anschließt, erklärte die Richterin in ihrer Urteilsbegründung.

Das Urteil war vorerst nicht rechtskräftig. Der Angeklagte hatte im Prozess auf "nicht schuldig" plädiert und entgegen seiner Aussagen vor der Polizei angegeben, nicht für die Miliz, sondern deren Dachorganisation, gekämpft zu haben. Dem Asylwerber war vorgeworfen worden, zwischen Sommer 2014 und Frühjahr 2015 für die Terrormiliz in Straßenkämpfen nahe Tikrit und Babylon involviert gewesen zu sein. Zudem soll er als Leibwächter des Milizchefs fungiert haben. (red, APA, 15.9.2016)