100 Tage verbringt Johannes Stillebacher jährlich als Hirte auf der Alm. In Vinaders lebt er in einer Hütte, die allen Luxus bietet, den er braucht: das Sofa zum Rasten, Solarstrom für die Musik und ein Wasserklosett.

"Das ist heuer mein 24. Jahr auf der Alm. Mittlerweile ist das ein fixer Bestandteil meines Lebens. So im Mai herum merke ich, jetzt wird es wieder Zeit für die Alm. Ich bin dann immer von Anfang Juni bis Mitte September hier, das sind meine 100 Tage Almzeit.

Schlafzimmer, Küche, Vorraum, Bad und Klo: Johannes Stillebacher hält sich meist nur im unteren Teil der von ihm über den Sommer gepachteten Hütte auf.
Foto: günter richard wett

Ich habe die Hütte über den Sommer gepachtet. Sie wurde in den 1970ern gebaut und im Vorjahr außen komplett renoviert. Auf zwei Stockwerken hätten insgesamt elf Personen Platz, aber ich bewohne eigentlich nur den unteren Teil. Hier habe ich mein Schlafzimmer, die Küche, Vorraum, Bad und Klo. Das Highlight ist sicher das Wasserklosett. Ein echter Luxus auf der Alm, das kenne ich auch anders. Mit Maischefässern, die man selber entsorgen muss, zum Beispiel. Und im Badezimmer haben mir die Bauern eine Wellnessdusche eingebaut. Auf der Nachbaralm haben sie die gleiche, die war wahrscheinlich ein Angebot im Baumarkt. Wir haben hier fließendes Wasser und dank Durchlauferhitzer auch Warmwasser. Das ist natürlich sehr fein, gerade wenn man wieder einmal den ganzen Tag am Berg unterwegs war, um die Kühe zu zählen.

Was oft unterschätzt wird, ist der Vorraum. Der ist in einer Hütte enorm wichtig. Einerseits wegen des Drecks. Den schleppst du sonst immer mit hinein. Andererseits wegen der Wärme. Bei vielen Hütten machst du die Tür auf und stehst mitten in der Stube. Wenn es kalt ist, geht mit einmal Türöffnen die gesamte Wärme verloren. Hier oben schneit es schon mal im Sommer, da kann es schnell abkühlen.

Mein erklärtes Lieblingsmöbelstück ist das Sofa in der Stube. Denn das Rasten ist auf der Alm besonders wichtig. Hier halte ich meinen täglichen Mittagsschlaf. Auf einer Alm ohne Sofa, da ginge mir etwas ab. Wenn ich mittags vom Berg herunterkomme und die Sonne herbrennt, gehe ich zuerst einmal in die Stube, weil es da so herrlich kühl ist, und lege mich aufs Sofa. Da kann ich im ersten Moment auch nichts essen, da muss ich mich zuerst einmal auf dem Sofa heruntertemperieren. Früher hatte ich auch eine Hängematte zum Chillen, aber die ist leider kaputtgegangen.

Einfach nur da sein zählt zu meinen Hauptaufgaben hier oben. Auch die Bauern, auf deren Vieh ich aufpasse, schätzen es, wenn der Hirte immer da ist. Darum brauche ich meine Plätze, an denen ich einfach nur sein kann. Da höre ich dann meine Platten und tu sonst gar nichts.

Wir haben Solarstrom, den benutze ich hauptsächlich für meinen Sound. Da nehme ich mir schon mal die Zeit und höre mir die ganze The Wall von Pink Floyd an. Wann tut man das sonst?

Die Gästezimmer im Obergeschoß benutze ich eigentlich nur für Gäste. Sieben, acht Wochen im Jahr kommt zum Beispiel immer meine Tochter Heidi zu Besuch. Sie ist neun Jahre alt und kennt das Almleben von klein auf. Ihr Name ist kein Zufall, denn ihre Mutter und ich haben uns am Berg kennengelernt. Sie war damals auf der Nachbaralm Hirtin.

Gekocht wird mit Gas auf zwei Platten. Außer wenn es kalt ist, dann heize ich mit Holz und nehme den Ofen auch als Herd. Draußen, am Tisch vor der Hütte, mache ich gern die Büroarbeit. Auch das gehört zum Almleben. Ich führe Buch über alle 193 Kühe, die ich beaufsichtige, und muss immer den Überblick behalten, ob alle da sind und ob auch keine krank ist. Nur leider habe ich nur tagsüber Sonne hier.

Das wär auch das Einzige, was ich gerne verändern würde: die Sonne. Denn jetzt muss ich abends immer zur Nachbaralm wandern, wenn ich am Ende vom Tag noch ein paar Strahlen genießen will." (19.9.2016)