Wien – Nach der Ratifizierung des Klimaabkommens von Paris haben österreichische Umweltschutzorganisationen ambitionierte Ziele und eine klare Strategie für den Klimaschutz eingefordert. Derzeit gleiche das Vorgehen der Regierung eher einer "Selbstfindungsgruppe", kritisierte Karl Schellmann vom WWF bei einer Pressekonferenz in Wien. Unterstützt wurden sie von der Wissenschafterin Helga Kromp-Kolb.
Für die Umweltschutzgruppen ist die Ausgangslage klar: Die internationale Gemeinschaft hatte sich vergangenen Dezember in Paris darauf geeinigt, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen. Österreich habe das Abkommen bereits ratifiziert. "Es braucht jetzt ein klares Bekenntnis der Bundesregierung zu Klimaschutz und Energiewende", forderte Johannes Wahlmüller von Global 2000.
"Klientelpolitik der Sozialpartnerschaft"
Der österreichische Klimastrategie fehlen den Umweltschutzorganisationen zufolge klare Ziele. Grund dafür sei vor allem die "Klientelpolitik der Sozialpartnerschaft". Es wachse daher die Sorge, dass ein "ambitionsloser Fleckerlteppich von Einzelinteressen ohne klare Richtung entsteht", sagte Schellmann. Der Mangel von klaren Zielen habe schon bisher eine wirkungsvolle Klimastrategie verhindert: "In den letzten 25 Jahren ist es nicht gelungen, die Treibhausgasemissionen zu senken, sie sind 2015 genauso hoch wie 1990", kritisierte Schellmann.
Um einen tieferen Einblick in die Klimastrategie Österreichs zu bekommen, hat Greenpeace gemeinsam mit rund 5.000 Bürgern einen Brief mit sieben Fragen an die Regierung geschickt. Statt Antworten wurde aber eine "schwammige Abhandlung über den Prozess zur Erarbeitung einer Energie- und Klimastrategie zugeschickt, mit lediglich einer vagen Zusage, langfristige Projekte bis 2050 behandeln zu wollen", sagte Adam Pawloff, Klima- und Energiesprecher von Greenpeace.
Vorreiter Großbritannien
Die oft geäußerte Befürchtung, dass Österreich bei einem Alleingang ein wirtschaftlicher Wettbewerbsnachtteil drohen könnte, teilen die Umweltschutzorganisationen nicht. Im Gegenteil: Österreich müsse eher darauf aufpassen, in dem wachsenden Markt der neuen Energien nicht den Anschluss zu verlieren.
Andere Länder seien auch wesentlich besser unterwegs: Großbritannien und Deutschland hätten etwa verbindlich zugesagt, die Emissionen bis 2050 um 80 bzw. 95 Prozent zu reduzieren. "Das sind Klimaziele", unterstrich Pawloff. Von der österreichischen Regierung forderten die Organisationen, dass die Dekarbonisierung der Wirtschaft und Ausstieg aus der Nutzung fossiler Energien bis 2050 als zentrale Ziele festgelegt werden.
Unterstützt wurden die Forderungen von der Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb. Der Klimawandel schreite weiterhin voran. Je länger man mit Gegenmaßnahmen zuwarte, "umso höher werden die Kosten". Die im Climate Change Center Austria (CCA) zusammengeschlossenen Wissenschafter hätten der Bundesregierung daher bereits ihre Unterstützung zur Umsetzung des Pariser Abkommens angeboten. (APA, 20.9.2016)