Die Repräsentanz frauenpolitischer Themen in österreichischen Printmedien verringert sich jährlich.

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Dass Medien selbst entscheiden können, welches Frauenbild sie verbreiten möchten, zeigt die Gegenüberstellung von DER STANDARD und "Heute".

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"Sexy, aber ohne Kompetenzen", wie Pernegger das Frauenbild in den Medien zusammenfasst.

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Männer werden vor allem in Verbindung mit Kompetenzen in Sport, Politik und Wirtschaft abgebildet.

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Auf die Frage, wie es passieren konnte, dass im Herbst 2015 in Oberösterreich eine frauenlose Landesregierung angelobt wurde, antwortete Landeshauptmann-Stellvertreter Manfred Haimbuchner (FPÖ) damals: Man hätte bitte ganz andere Probleme in diesem Land.

Ähnlich wie in der oberösterreichischen Landespolitik liegt Frauenpolitik auch im Themenranking der reichweitenstärksten österreichischen Printmedien weit hinten. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie "Frauenpolitik in den Medien" der unabhängigen Agentur Media Affairs, die Anfang der Woche in der Wiener AK-Bibliothek präsentiert wurde. Dazu luden die Frauenabteilung der AK Wien, das Frauennetzwerk Medien und der Österreichische Frauenring (ÖFR).

Seit 2012 analysiert Maria Pernegger, Studienautorin und Leiterin der Abteilung Reporting und Analyse bei Media Affairs, die Quantität der Berichterstattung zu frauenpolitischen Inhalten in den Tageszeitungen DER STANDARD, "Presse", "Kurier" und "Kronen Zeitung" – 2015 sind noch "Österreich" und "Heute" hinzugekommen. Die Gewichtung der Inhalte erfolgte entsprechend der jeweiligen medialen Reichweite der Zeitungen.

Bühne für Chauvinismus

Einer der wichtigsten Befunde: Die Repräsentanz von Frauenpolitik in den Printmedien verringert sich jährlich. Über genuin frauenpolitische Themen wie Gleichberechtigung und Frauenförderung wird immer weniger gesprochen und geschrieben. Dagegen sei die frauenpolitische Berichterstattung in Boulevardmedien zu einer "Bühne für Chauvinismus" geworden, sagt Pernegger.

Während frauenpolitische Wortspenden seltener werden und Frauensprecherinnen beklagen, dass sie mit ihren Themen immer weniger durchkämen, bestimmen zunehmend antifeministische Sager die Berichterstattung über Frauenpolitik, hier allen voran in den Boulevardmedien. Als Beispiel nennt Pernegger den volkstümlichen Sänger Andreas Gabalier und seine Aussage, wonach wir in einer "genderverseuchten Welt" leben würden.

Welche Themen, welche AkteurInnen

Die höchste mediale Aufmerksamkeit erlangte Frauenpolitik 2015 mit der Reform des Sexualstrafrechts, einer langjährigen feministischen Forderung, die medial bezeichnenderweise als "Pograpsch-Paragraf" diskutiert wurde. Hervorgetan hat sich in der Debatte der ehemalige ÖVP- und Team-Stronach- und nunmehr parteifreie Nationalratsabgeordnete Marcus Franz mit seinem Tweet "Ob der Popsch hält, was der Blick verspricht".

So zählt nun Franz neben der damalige Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) und der Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP) zu den Top 3 – den drei führenden PolitikerInnen, die sich im Jahr 2015 zu frauenpolitischen Themen äußerten. An vierter Stelle kommt FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache, gefolgt von der Grünen-Parteiobfrau Eva Glawischnigg auf Platz fünf. Politiker wie Strache und Franz würden bewusst mit antifeministischen Kommentaren provozieren, um damit in die Medien zu kommen, sagt Pernegger. Das bestätigen auch die Ergebnisse von 2014, als die Töchter-Debatte und das Binnen-I als sogenannte Aufregerthemen in der Berichtererstattung an erster Stelle standen.

Zwischen Aufregung und Abwesenheit

"Außer der Frauenministerin kommt mit frauenpolitischen Agenden kaum jemand in die österreichischen Zeitungen", so Pernegger. Sie wundert sich, dass die Frauenministerin allein auf weiter Flur steht und es bei Frauenthemen medial kaum Unterstützung von ParteikollegInnen gebe. Auch die Medienpräsenz der Grünen zu frauenpolitischen Themen hat stark abgenommen. Pernegger ist überzeugt, dass die Art und Weise, wie Medien über Frauen und Frauenpolitik berichten, viel über gängige Frauenbilder aussagt.

In einer Gegenüberstellung der 2015 in Medien verbreiteten Männer- und Frauenbilder punkteten Männer vor allem im Sport, in der Politik, als Experten und in der Wirtschaft. Sie werden insgesamt als stark und mächtig dargestellt. Frauen hingegen dominierten in den Bildern, in denen sie als Pin-ups dargestellt werden oder zu Präsentationszwecken, sei es mit einem Allerheiligenstriezel oder einer Bohrmaschine, abgelichtet sind. "Sexy, aber ohne Kompetenzen", wie Pernegger das Frauenbild in den Medien zusammenfasst. Auch hier ging es der Studienautorin um die flächenmäßige Darstellung und eine millimetergenaue Abmessung der Bilder, um so die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit nachzeichnen zu können.

Einfluss auf Berufsbilder

Dass Medien selbst entscheiden können, welches Frauenbild sie verbreiten möchten, zeigt die Gegenüberstellung von DER STANDARD und "Heute". DER STANDARD bildet laut Media Affairs Frauen vor allem als Politikerinnen und Kulturschaffende ab, während Frauen in "Heute" als Models und Pin-ups vorkommen.

"Welchen Einfluss haben diese Bilder auf die Karrierechanchen und -vorstellungen von (jungen) Frauen", fragt sich Pernegger. Diese und viele andere Fragen wurden anschließend vom Publikums, darunter viele Medienfrauen und Journalistinnen, aufgegriffen. Die ehemalige SPÖ-Politikerin und ÖFR-Vorsitzende Sonja Ablinger moderierte die Diskussion. (Christine Tragler, 21.9.2016)