Am Wochenende demonstrierten in Finnland Zehntausende gegen rechte Gewalt.

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Helsinki/Graz – Es geschah vor zwei Wochen: Eine Gruppe rechtsextremer Aktivisten des "Finnischen Widerstands" (Suomen vastarinta) hielt am 10. September, einem Samstag, mit Standarten und Flugblättern auf dem Bahnhofsplatz von Helsinki eine Kundgebung ab. Plötzlich lag ein 28-Jähriger bewusstlos auf dem Boden und blutete aus dem Kopf.

Eine Woche später, nach mehreren Tagen im Spital, starb er an seinen Kopfverletzungen. Soweit aus Berichten bekannt, dürfte er einen der Rechten verbal attackiert und angespuckt haben, worauf dieser ihn niedergetreten hatte.

Zunächst keine Ermittlungen

Ein Internet-Posting seines hinterbliebenen Vaters brachte die Sache öffentlich ins Rollen. Davor hatten weder die Medien dem Zwischenfall viel Aufmerksamkeit geschenkt, noch hatte die Polizei ermittelt. Wenige Tage später nahmen die Sicherheitskräfte dann doch den mutmaßlichen Täter fest, einen 26-jährigen Rechtsextremisten. Jetzt prüft die Polizei die Vorbereitung einer Anklage wegen Totschlags oder Misshandlung mit Todesfolge.

An diesem Wochenende fanden in mehreren Städten Finnlands große Anti-Rassismus-Demonstrationen statt. Allein auf dem Senatsplatz in Helsinki versammelten sich bis zu 20.000 Menschen zu einer Gedenkveranstaltung.

Ihr Ärger richtete sich auch gegen die Reaktion auf den Vorfall. Denn dieser hatte zuerst in den sozialen Medien und schließlich auch in der Presse und in der Politik eine breite Debatte hervorgerufen – allerdings nicht allein über die Täter. Für Aufregung sorgte unter anderem ein Kommentar von Premier Juha Sipilä von der liberalkonservativen Zentrumspartei, der in seinem Blog den Todesfall zwar verurteilte, gleichzeitig aber mit Verweisen auf Gesetzesbrüche von Zuwanderern relativierte.

Kontakte nach ganz rechts

Die an der Regierung beteiligten Rechtspopulisten (Perussuomalaiset, meist mit "Wahre Finnen" übersetzt), allen voran Außenminister Timo Soini und Justizminister Jari Lindström, distanzierten sich von dem Vorfall ebenfalls nur unter Vorbehalten. Das hängt damit zusammen, dass der rechte Flügel der Partei über Kontakte zur rechtsextremen Szene verfügt.

Im September vergangenen Jahres arteten Proteste rechter Aktivisten gegen die über Schweden nach Finnland ins Land kommenden Flüchtlinge aus und gipfelten in gewaltsamen Ausschreitungen in Lahti und Äänekoski. In Lahti attackierten damals Rechtsextremisten Helfer mit Steinen und einen Bus mit Geflüchteten mit Explosions- und Feuerwerkskörpern. Eine weitere Gruppe (die "Soldaten Odins") patrouillierte in mehreren Städten, um die Menschen vor angeblich kriminellen Zuwanderern "zu schützen". (Andreas Stangl, 26.9.2016)