Wäre Balkantown ein geflügeltes Wort wie Chinatown, dann würde dieser Begriff in Wien auf die Ottakringer Straße und die angrenzenden Grätzeln wohl am besten zutreffen. Am Anfang der Ottakringer Straße würde ein Balkan-Tor stehen, und Touristen aus aller Welt würden diesen Stadtteil als Pflichtprogramm in ihre Wanderung durch Wien einbeziehen. So weit sind wir in Wien aber noch nicht.

Derzeit begnügt sich die Ottakringer Straße noch mit dem Begriff Balkanmeile oder Balkanstraße. Dass dieser Stadtteil in Wien aber mehr ist, als der bisherige Ruf einer bloßen "Partymeile" vermuten lässt, davon sind die Veranstalter der Balkanale, eines vom 26. bis 30. September stattfindenden Filmfestivals in "Balkantown", überzeugt.

"Die Ottakringer Straße hat sehr viel Potenzial. Wir möchten mit dem Festival die Balkan-Identität in diesem Stadtteil bestätigen und verstärken. Wir möchten damit aufzeigen, dass es ein urbanes Plus für Wien ist, weil es weitere Lebensstile in Wien ermöglicht und dadurch auch Vielfalt," so Josip Dusper, einer der Organisatoren der Balkanale.

Begegnung ermöglichen

Für Anna Lehner, eine Mitorganisatorin der Balkanale, soll durch das Festival Begegnung ermöglicht werden: "Das Besondere an dem Festival ist, dass man an Orte kommt, die man sonst nicht besucht hätte, dass man Filme sieht, die man sonst nicht gesehen hätte, und dass man Leute trifft, die man sonst nicht getroffen hätte."

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Für einen Rundgang durch den Balkan Wiens sorgt nicht zuletzt die Auswahl der Locations. "Wir haben vier Locations ausgesucht, die für diesen Stadtteil wichtig sind. Dass sind einerseits die beiden Clubs Insomnia und Laby, die dazu beitrugen, dass die Ottakringer Straße zur Balkanstraße wurde. Dann noch das Kunstcafé AU und die Ottakringer Brauerei, die am Ende der Balkanstraße steht", sagt Dusper.

Balkan-Begriff weiter fassen

Wichtig war den Organisatoren auch, den Balkan-Begriff zu erweitern, weswegen in Rahmen des Programms auch Filme mit Bezügen zu Bulgarien und Albanien vorkommen. "Bei der Auswahl der Filme haben wir geschaut, dass die Filme einen Aktualitätsbezug haben, gesellschaftskritisch sind, aber auch – um eine breites Publikum zu erreichen – unterhalten. Zusätzlich war uns wichtig, den Balkan-Begriff etwas weiter zu fassen. Balkan sind nicht nur die Ex-Jugoslawien-Länder, Balkan ist auch Bulgarien und Albanien. In unseren Filmen wird auch dem Rechnung getragen," so der Architekturstudent Dusper.

Anne Lehner, die durch Josip ihre Liebe zum Balkan entdeckte, sagt, dass es schade sei, dass in der Schule zu wenig über den Balkan unterrichtet werde, und findet dieses Festival auch deswegen wichtig, da es den 'Bioösterreichern' eine Möglichkeit biete, im Rahmen einer kulturellen Veranstaltung sich dem Balkan gegenüber zu öffnen: "Über den Balkan wird zu wenig in den Schulen gelehrt, es gehört mehr gefördert, insbesondere da wir in Wien so eine große Community aus dem exjugoslawischen Raum haben."

Abschlussparty im Balkanstraßen-Style

Am Freitag, dem 30. 9., gibt es am Ende des Festivals eine Party im Balkan-Stil. "Wir laden alle herzlich ein, am Freitag im Café Laby zu den Balkan-Klängen mit uns mitzufeiern," so Josip. Ob es nächstes Jahr auch eine Balkanale geben wird, hängt vom heurigen Erfolg ab. "Es hat uns sehr viel Kraft und Zeit gekostet die heurige Balkanale auf die Beine zu stellen. Wir müssen mal schauen, wie es vom Publikum angenommen wird. Wir haben schon Bock, es wieder zu machen," lässt Josip bezüglich Plänen fürs nächste Jahr durchblicken. (Siniša Puktalović, 27.9.2016)