Jack Irons und Alain Johannes begleiten Matt Boroff auf seinem neuen Album "Grand Delusion". Boroff spielt einen Solo-Gig auf dem Waves-Festival und in Enns, später tourt er mit Band durchs Land.


Foto: GAB Music / Georg Alfare

Wien – Er ist jetzt nicht direkt ein Sonnenkind. Eher einer, den man im Keller vermutet, wenn sich seine Mundwinkel wider Willen heben. Dass in der Unterwelt des Alltags oft am meisten gelacht wird, kriegen halt nur wenige mit. An der Erdoberfläche sieht man den seit vielen Jahren in Vorarlberg lebenden US-Amerikaner selten lachen. Und wenn, wirkt es, als habe sich ein Nagel durch die Schuhsohle in sein Fleisch gebohrt. Haha! Dabei hat er Schmäh, jede Menge, aber sein Image als Musiker bekleckert er damit nicht.

Matt Boroff stammt aus New Jersey. Wenn er Heimweh hat, muss er nur eine Folge Sopranos schauen. Von dort ist er. Jetzt hat er wieder ein neues Album gemacht. Es heißt Grand Delusion. Das Cover ist in Schwarz-Weiß gehalten, die Stimmung grimmig und stimmig. Boroffs Rockmusik hat sich auf fünf Alben zusehends in die Bluesstimmung verschoben, ohne auf die Zutaten Wut, Zorn und Wehmut zu vergessen.

MATT BOROFF

In dieser Neigungsgruppe ist der Platz zwar mittlerweile knapp, doch Boroff wirkt dort bestens abgesichert. Immerhin spendet der mit ihm befreundete Mark "Dark Mark" Lanegan seit ein paar Veröffentlichungen Boroff seinen Segen, indem er mit ihm singt. Ihre Stimmen vertragen sich bestens. Auf Grand Delusion ist Lanegan wieder dabei. Und nicht nur er.

Matt Boroffs Manager Tom Bunch arbeitete früher für die Band Butthole Surfers. Boroff fragte Bunch, ob er nicht Zugriff auf Alain Johannes habe, dessen Arbeit Boroff schätzt. Er hatte. Johannes ist ein Fixgestirn der Szene, aus der etwa Queens of the Stone Age kommen, bei denen er Bass gespielt hat.

Eierorgel und Geister

Als Produzent zählt er das härtere Who's who der US-Westküste zu seinen Kunden. Johannes mochte Boroffs Musik und nahm den Job an. Lanegan wohnt ums Eck, und weil es einen Drummer brauchte, rief Johannes seinen Haberer Jack Irons an. Den kennt man etwa von den Red Hot Chili Peppers oder von Pearl Jam, mit denen er 1995 als Backing Band für Neil Young am Salzburger Domplatz seine Bude derart tögelte, dass tags darauf der Dom neu verputzt werden musste.

MATT BOROFF

Derart aufgestellt, nahm Boroff Grand Delusion in Angriff. Neben bis zur Hüfte im Blues steckenden Rockern versieht Boroff seine Songs immer mit einer gewissen Leichtigkeit, lässt eine eiernde Orgel Geisterhausstimmung verbreiten, bevor Johannes in das Saxofon bläst und die Musik von rockistischen Stereotypen schon im Titelsong reinwäscht. Oder er spielt die Akustische slide, in Richtung des Mississippi-Deltas oder der kalifornischen Wüste. Dort bekommt man, das weiß der Cowboy, leicht einen Durst, also heißt ein Lied konsequent Thirst. Da grummelt besagter Mark Lanegan seinen Kellerbariton quer zu Boroffs Oberton-Auszucker, es ist eine Freude. Eine, zu der niemand lacht, natürlich nicht, oder nur, wenn wieder niemand schaut.

Alle bisherigen Alben Boroffs waren gut, Grand Delusion ist dennoch seine bislang beste Arbeit. Das muss nicht nur an den großen Namen liegen, die dem Ergebnis sicher keinen Schaden zugefügt haben – aber es fällt einfach alles richtig bis hin zur Chronologie der Songs.

Live kann man Matt Boroff solo beim am Donnerstag startenden Waves-Festival erleben, mit Band ist er im Oktober und November auf Tour. (Karl Fluch, 28.9.2016)