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Wissenschafter erwarten, dass nach dem Neustart von LIGO (im Bild das Livingston Laboratory in Louisiana) einmal monatlich die Gravitationswellen einer Verschmelzung Schwarzer Löcher registriert werden.

Foto: REUTERS/Caltech/MIT/LIGO Laboratory

Wien – Nach der erstmaligen Messung von Gravitationswellen wurde das Gravitationswellen-Observatorium LIGO in den USA für Verbesserungen wieder abgeschaltet. Ende Oktober soll der nächste Messdurchlauf starten, sagte der österreichische Physiker Sascha Husa, der Mitglied des LIGO-Konsortiums ist. Er rechnet damit, dass künftig monatlich einmal eine Verschmelzung Schwarzer Löcher registriert wird.

"Irrsinnig großes Echo in der Bevölkerung"

Der theoretische Physiker Husa hat Dienstag Abend im Rahmen der Jahrestagung der Österreichischen Physikalischen Gesellschaft in Wien über die im Februar bekannt gegebene Entdeckung berichtet. Danach habe es "wesentlich länger gedauert, zum Alltag zurückzukehren als geplant", sagte Husa. An seinem Institut an der Universität der Balearen in Palma de Mallorca hätten er und seine Kollegen ein Monat lang fast jeden Tag Interviews geben müssen.

"Nach der ersten Messung der Gravitationswellen am 14. September war schnell klar, dass wir vier, fünf Monate weniger schlafen werden als sonst", erinnerte sich Husa. Die Zeit zwischen Entdeckung und Bekanntgabe sei "schon sehr, sehr anstrengend gewesen", Hunderte Leute hätten sehr intensiv an der Verifizierung der Daten gearbeitet.

Grundsätzlich sieht er das alles aber "sehr positiv", ebenso wie die österreichische Physikerin Patricia Schmidt, die als Postdoc am California Institute of Technology Mitglied des LIGO-Konsortiums war. "Ganz toll" fand sie "das irrsinnig große Echo in der Bevölkerung". So habe sie bis in den Juli hinein immer wieder mit Taxi-Fahrern Gespräche über Gravitationswellen gehabt.

Hoffnung auf die nächste Welle

Grundsätzlich sieht Husa die LIGO-Daten unabhängig verifiziert: Die Arbeit sei in einem Peer Review-Verfahren publiziert und die Daten von den beiden Versionen des LIGO-Detektors unabhängig gemessen worden. "Aber natürlich wäre es schön, wenn ein völlig unabhängiges Experiment die gleichen Messungen macht", so der Physiker.

Für die erstmals gemessene Gravitationswelle ist das natürlich nicht mehr möglich. "Diese Welle ist vorbei, das ist ein Impuls, der den Bruchteil einer Sekunde dauert und nun schon ein Jahr weiter im Weltraum ist", so Husa. Aber die Wissenschafter hoffen, künftig viele weitere Signale zu messen.

Mehr Messsignale wird es jedenfalls schon bald geben: So soll laut Husa in den nächsten Monaten der Virgo-Detektor in der Nähe von Pisa online gehen. Schmidt, die an die niederländische Radboud Universität wechselt, die dem Virgo-Konsortium angehört, wird künftig mit diesen Daten forschen. Auch Japan arbeitet an einem Detektor für Gravitationswellen, der 2018 fertig sein soll. Und Indien habe zugesagt, eine Kopie des LIGO-Detektors zu bauen. "Das wäre aufgrund der großen Entfernung der Detektoren in den USA und Indien wichtig, um wesentlich genauer zu bestimmen, woher das Signal kommt", so Husa.

Vielleicht schon bald ein Nobelpreis?

Der Physiker bestätigte, dass sich das LIGO-Konsortium bewusst entschieden hat, die Entdeckung nicht in den bekanntesten Fachjournalen "Nature" oder "Science" zu publizieren. Fünf Tage vor der ersten Messung habe es eine Abstimmung gegeben, bei der sich die Leute mit großer Mehrheit für eine Veröffentlichung im Journal "Physical Review Letters" ausgesprochen hätten, sollte man etwas entdecken.

Dass der erstmalige Nachweis der von Albert Einstein vor 100 Jahren vorhergesagten Gravitationswellen nobelpreiswürdig ist, steht für Husa außer Frage. Ob es schon heuer so weit sein wird, ist unklar. Kurz nach der Bekanntgabe hatte ein Sprecher des Nobelpreiskomitees erklärt, dass es sich in diesem Jahr nicht ausgehe, weil die Erkenntnisse nach Ende Jänner veröffentlicht wurden. Dass nur maximal drei Personen aus dem mehr als 1.000 Wissenschaftern umfassenden LIGO-Konsortium die Nobel-Ehre zuteil würde, sieht Husa nicht als Problem: "Alle anderen Autoren in dieser Studie würden das auch als große Bestätigung sehen."

In Österreich würde niemand Gravitationswellenforschung betreiben, sagte Husa. Das war für Schmidt auch Grund für den Wechsel ins Ausland: "Ich wollte mein Doktorat auf diesem Gebiet machen, und weil es in Österreich keine Möglichkeit dazu gab, bin ich nach Cardiff gegangen." Husa verweist aber auf den aus Österreich stammenden Mathematiker Hermann Bondi (1919-2005), der vor den Nazis fliehen musste und in Cambridge tätig war. "Das war eine der Personen, die Gravitationswellen innerhalb der Einstein-Theorie wirklich etabliert haben." (APA, 28. 9. 2016)