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Besondere "Kamel-Liebe" von Touristen ist bedenklich, außerdem das oft praktizierte Trinken von nicht pasteurisierter Kamelmilch.

Foto: EPA/Khaled Elfiqi

Seit 2012 sind weltweit rund 1.800 Mers-Coronavirus-Erkrankungen registriert worden. Dabei ist vor allem Vorsicht bei Reisen in den Nahen Osten geboten. Ärzten wird geraten, auf Verdachtsfälle zu achten. Wie wichtig das ist, zeigt der Fall eines Patienten aus Saudiarabien, der Anfang September ins Salzburger LKH eingeliefert worden ist. Er starb trotz schneller Diagnose und optimaler Versorgung vergangenes Wochenende.

Der Tod des 67-jährigen Patienten wurde am Mittwoch bei einem Konsensmeeting über Leitlinien-Entwürfe zur Verhinderung von Polio-, Mers- und Masern-Ausbrüchen mit Vertretern aus 17 EU/EEA-Staaten in Mondorf in Luxemburg bekannt. Der an dem Meeting teilnehmende Vertreter des österreichischen Gesundheitsministeriums, Bernhard Benka, bestätigte gegenüber der APA den Todesfall.

Nach einer aus Saudiarabien stammenden Patientin im Jahr 2014 in Wien handelte es sich um den zweiten Fall in Österreich. Die Mortalitätsrate bei Mers-CoV-Erkrankungen liegt bei 36 Prozent. Der Mann war zunächst mit Symptomen an seinem Salzburger Urlaubsort in stationäre Behandlung gekommen und dann in die Landeshauptstadt überstellt worden.

Notwendige Schutzmaßnahmen

Wie Benka betonte, hatten alle Maßnahmen zur Abklärung des Verdachtsfalls, Hygienemaßnahmen nach Diagnose und Überstellung ins LKH Salzburg in eine Spezialabteilung perfekt geklappt. Alle Kontaktpersonen konnten ausfindig gemacht werden. Die Inkubationszeit für sie ist bereits überschritten. Im Spital waren durch das Personal notwendigen Schutzmaßnahmen erfolgt.

An sich scheint das Mers-Co-Virus von Mensch zu Mensch nicht leicht übertragbar zu sein. Der Ursprung liegt nach derzeitigem Wissen auf der arabischen Halbinsel. "75 Prozent der Fälle sind in Saudiarabien aufgetreten. Die Infektion springt offenbar von Dromedaren auf den Menschen über. Die zweite Infektionsquelle sind Infektionen im Krankenhaus", berichtete bei der dem Meeting Maria Van Kerkhove von der WHO.

Mit einer bisher beobachteten Übertragungsrate von weniger als einer weiteren Person pro dokumentiertem Mers-Fall (im Durchschnitt steckt jeder Masern-Kranke 15 weitere Menschen an; Anm.) ist ein massenhaftes Auftreten bei entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen nicht zu befürchten. "Doch seit dem ersten Auftreten der Erkrankung sind alle größeren Ausbrüche mit Einrichtungen des Gesundheitswesens in Verbindung gewesen", betonte Van Kerkhove.

Einer infiziert 82

In Südkorea gab es 2015 fast mit einem Schlag 185 Erkrankungen und 36 Todesfälle. Der erste Patient hatte die Infektion aus dem arabischen Raum eingeschleppt. Dort wurde via aufgesuchte Spitäler/Notfallambulanzen eine ganze Infektionskette in Gang gesetzt. Laut einer Lancet-Veröffentlichung infizierte ein einziger Patient 82 andere Menschen durch das Aufsuchen mehrerer Krankenhäuser und Ambulanzen. Es dauerte auch offenbar viel zu lange, bis die Erkrankungen diagnostiziert und entsprechende Hygienemaßnahmen eingeleitet wurden.

Mers-CoV-Erkrankungen dürften auch in Zukunft immer wieder weltweit an verschiedensten Punkten auftauchen. Das bedingt der moderne globalisierte Reiseverkehr, wurde bei dem Konsensus-Meeting in Luxemburg auch mit Grafiken über die bisherigen Erkrankungsfälle belegt.

Aus den Charakteristika der Erkrankung ergeben sich zwei notwendige Konsequenzen. Erstens sollten Reisende, die in den Nahen Osten, speziell nach Saudi-Arabien, kommen, vorsichtig sein. "Direkter Kontakt mit Dromedaren (an der lokalen Bevölkerung beobachtet; Anm.) steigert das Infektionsrisiko auf das 3,7-Fache. Ein Dromedar im Haus oder ums Haus auf das 3,3-Fache. Das Melken von Dromedaren bedeutet das zehnfache Risiko", betonte Van Kerkhove.

Nach "Reisegeschichte" fragen

Somit ist besondere "Kamel-Liebe" von Touristen bedenklich. Und das von Touristen in der betroffenen Region offenbar praktizierte Trinken von nicht pasteurisierter Kamelmilch ist gefährlich. Darüber hinaus kann das Aufsuchen von Gesundheitseinrichtungen in der Region ein Risiko bedeuten. Dessen sollten sich Touristen bewusst sein – nicht nur während der Reise, sondern auch nach der Heimkehr. Bei unklarem Fieber, Influenza-ähnlichen Symptomen, Husten etc., sollte jedenfalls ärztliche Hilfe gesucht und der Arzt über die Reise informiert werden. Umgekehrt müssten auch alle Ärzte in Österreich Patienten, die sie mit solchen Symptomen aufsuchen, immer nach einer eventuellen "Reisegeschichte" befragen.

"Die Frage 'Haben Sie jüngst eine Reise unternommen' und die Antwort darauf beanspruchen nicht mehr als fünf Sekunden und schaffen weitestgehend Klarheit", hieß es bei dem Meeting in Luxemburg. Diese Reiseanamnese kann aber den Ausschlag für eine schnellstmögliche Diagnose potenziell gefährlicher Infektionen und alle notwendigen Behandlungs- und Hygienemaßnahmen bedeuten. (APA, 29.9.2016)