Foto: Lisi Specht
Fotos: Lisi Specht
Fotos: Lisi Specht

Christine Hierzer-Riedler leitet seit 22 Jahren das Marionettentheater im Schloss Schönbrunn. Ihre Wohnung daneben ist zwar marionettenfreie Zone, doch so ganz ohne Bandl, meint sie, sind wir alle nicht.

"Das ist so ein schöner sonniger Tag heute. Obwohl meine Wohnung im Erdgeschoß liegt und ich im Wohnzimmer nur ein einziges Fenster habe, ist es hier nie dunkel. Ich liebe diesen Ort. Manchmal denke ich mir: Die Lebensfäden, die mich führen, meinen es gut mit mir. Der Herrgott hat viele Marionetten, um die er sich kümmern muss, er hat uns ja alle irgendwie am Bandl. Aber manchmal kommt mir vor, dass er es mit mir besonders gut meint.

"Meine Vorfahren spielen für mich eine große Rolle. Ich brauche die Geschichte um mich herum." Christine Hierzer-Riedler in ihrem Wohnzimmer im Schloss Schönbrunn.
Foto: Lisi Specht

Ich wohne im Schloss Schönbrunn, und zwar im sogenannten Hofratstrakt. Es geht ja die halbe Welt durchs Schloss spazieren, aber die Menschenmassen halten sich eher vorn im Ehrenhof auf. Hier hinten zwischen Hauptgebäude und Orangerie ist es etwas ruhiger. Für mich ist das perfekt, denn im Grunde genommen bin ich ein naturliebender Mensch. Mittendrin in der Stadt zu wohnen würde mir schwerfallen. Ich brauche das Grün um mich herum. Meist gehe ich durch die Meidlinger Allee nach Hause. Ich habe bereits meine drei Lieblingspinien, die ich beim Spaziergehen immer wieder besuche.

Dieser Ort hat etwas sehr Inspirierendes. An den Hofratstrakt schließen der Brettergang und das Zuckerbäckerstöckl an. Es gibt hier verschiedene Lager, Wohnungen, Handwerksbetriebe sowie die Papierrestaurierung und auch eine kleine Marienkapelle. Man sieht den ganzen Tag Menschen vorbeihuschen. Manchmal kommt es mir vor, als sei hier die Zeit stehengeblieben. Das Beste ist jedoch: Direkt neben meiner Wohnung befindet sich das Marionettentheater, das ich vor 22 Jahren gemeinsam mit Werner Hierzer, meinem damaligen Mann und jetzigen Geschäftspartner, gegründet habe und leite.

Fotos: Lisi Specht

Ich verbringe viele Stunden im Theater und bin entsprechend wenig zu Hause. Wir haben jeden Tag ein bis zwei Aufführungen, ich muss die Künstler betreuen, erledige die Abrechnungen und investiere jede freie Minute in den Betrieb. Was soll ich sagen? Ich bin selbst und ständig – und dadurch funktioniert das Theater ohne jede öffentliche Subvention. Marionettenspielerin bin ich schon seit meinem 18. Lebensjahr. Ich finde diese kleine Welt faszinierend.

Im Gegensatz zum Theater ist in meiner Wohnung marionettenfreie Zone – außer wenn ich gerade eine Marionette neu einkleide oder etwas zu reparieren habe. Auch ich muss einmal abschalten können. Die Wohnung liegt ebenerdig und hat 57 m². Ich lebe hier seit drei Jahren zur Miete. Es gibt einen winzigen Garten mit Blick auf die Orangerie. Da ist gerade mal Platz für ein Tischerl, einen Gartenstuhl und meinen heißgeliebten Feigenbaum. Das war's. Die Wohnung selbst ist saniert, aber ich habe Wert darauf gelegt, möglichst viel des alten Flairs zu erhalten, den alten knarrenden Boden, die quietschenden Türen und die mittlerweile völlig ausgeleierten Türklinken.

Fotos: Lisi Specht

Die meisten Möbel stammen von meiner Großmutter. Das war bitte schön ihre Hochzeitsausstattung! Es gibt einen Esstisch, einen Schrank, eine Kommode, einige Sessel und Kleinmöbel. Außerdem habe ich zwei Stühle aus dem ehemaligen Jugoslawien renovieren lassen, die an die 200 Jahre alt sind. Ich brauche die Geschichte um mich herum. Die Vorfahren spielen für mich eine große Rolle. Die alten Möbel und Gegenstände, mit denen ich mich umgebe, scheinen zu mir zu sprechen.

Und je mehr ich mich damit beschäftige, desto mehr denke ich mir: ja, die Lebensfäden! Manchmal sind sie unergründlich. Aber es kommt zum richtigen Zeitpunkt alles so, wie es kommen muss. Und so bin ich glücklich, so wie es ist. Im Kleinen hier in der Wohnung und im Großen drüber im Theater." (3.10.2016)