Johnny Cash, Los Angeles 1993

Foto: Anton Corbijn

"Johnny Cash ist für mich schlichtweg die ganz große Musiklegende. Ich erinnere mich an den Moment, als ich in New York in einem Hotelzimmer war, und das Telefon klingelte. Ich glaube, ich lag gerade auf dem Bett. Ich nahm also den Hörer ab, und die Stimme am anderen Ende der Leitung sagte: 'Hallo, hier spricht Johnny Cash.' Ich konnte es kaum glauben und stand wie ferngesteuert sofort auf. Allein wegen dieser Stimme. Klar haben mich schon viele große Stars kontaktiert, und ja, man gewöhnt sich ein Stück weit daran, aber Cash, das war schon eine ganz besondere Überraschung. Das ist, als würde Sie Barack Obama anrufen. Zu der Zeit schrieb ich an einem Videoskript für U2 und ihren Song 'The Wanderer', bei dem Johnny Cash mitwirkte.

Bono hatte es Johnny geschickt, aus diesem Grund hat der mich dann angerufen. Das Video wurde nie realisiert, aber ich drehte ein anderes mit ihm und Kate Moss – eine wunderbare Erinnerung. Das Foto von Johnny, das man hier sieht, machte ich in Beverly Hills. Zuvor kam er zu mir ins Hotel, und es war großartig: Da sitzt einfach Johnny Cash in deinem Hotelzimmer. Das war im Chateau Marmont. So etwas war in den 1990er-Jahren auch noch einfacher. Damals gab es noch nicht dieses Sicherheits-Trara. Es ist ungewöhnlich, dass ich Musiker mit ihren Instrumenten fotografiere. Die Person soll immer mehr im Vordergrund stehen als der Musiker. Im Fall von Johnny machte ich eine Ausnahme. Es passte einfach gut zu der Skulptur. Ein Jahr später war ich dann bei ihm zum Mittagessen. Ein wunderbarer Mann."

Philip Seymour Hoffman, New York 2011

Foto: Anton Corbijn

"Ich reise sehr viel für meine Arbeit, das heißt, meine Bilder sind im Vergleich zu Studioaufnahmen mit sehr vielen Erinnerungen verbunden. Jeder Job ist etwas anderes. Das Foto von Philip war Teil eines Shootings für die "Vogue" in New York. Am selben Tag sollte ich ihn auch bezüglich eines Filmprojekts treffen. Philip mochte das Shooting für die "Vogue" nicht besonders, es war ihm alles zusammen zu sehr Verkleidung. Das machte die Sache für mich nicht leichter, weil ich ihn doch später wegen des Films treffen wollte. Es ging übrigens um "A Most Wanted Man", in dem er dann immerhin die Hauptrolle spielte. Ein eigenartiger Moment also. Schließlich musste an einem Anzug etwas geändert werden, und Philip saß plötzlich allein in seinen Unterhosen vor mir.

So ergab sich eine gute Gelegenheit, zwanzig Minuten über den Film zu sprechen. Er war es übrigens, der es vorgeschlagen hat, gleich über das Projekt zu reden. Was er dabei anhatte oder nicht, war ihm offensichtlich völlig egal. Auch wenn ich jede Menge Supermodels wie Naomi Campbell oder Christy Turlington fotografiert habe, waren es unterm Strich mehr Männer. Ich denke, nicht jede Frau mag den Look meiner Bilder."

David Bowie, Chicago 1980

Foto: Anton Corbijn

"Wenn ich heute an die Momente zurückdenke, in denen ich David fotografierte, bin ich einfach nur happy, dass er es zugelassen hat. Er hatte sich damals gerade für die Bühne fertiggemacht, und das ganze Shooting dauerte nur ein paar Minuten. Insgesamt habe ich ihn viermal fotografiert, er war ein echter Gentleman mit sehr ausgeprägtem, feinem britischem Humor. Er mochte die Bilder. Es kommt manchmal vor, dass Fotos erst lange Zeit, nachdem sie gemacht wurden, berühmt werden. In dem Moment, in dem du abdrückst, hast du natürlich keine Ahnung davon. Dieses Foto von David Bowie ist so ein Beispiel. Oder denken Sie an das weltberühmte Bild von James Dean auf dem New Yorker Times Square.

Der Fotograf Dennis Stock hätte nie gedacht, dass das so eine große Sache würde. Er hat einfach nur sechs Fotos von Dean im Regen gemacht. Ich finde das faszinierend und beschäftige mich damit unter anderem in meinem Film "Life", der vergangenes Jahr in die Kinos kam. Vor allem, wenn jemand stirbt, bekommt ein Bild oftmals eine noch größere Bedeutung. Als Bowie starb, und das gilt natürlich auch für andere, wurde mir klar, das Foto kannst du nie wieder machen. Unterm Strich bleibt ein Gefühl von Traurigkeit und Glück zugleich, wenn jemand stirbt, den ich fotografiert habe. Du bist traurig, dass du diesen Menschen nie wieder siehst, und glücklich, dass du ihn sehen und fotografieren durftest. "

(Michael Hausenblas, RONDO, 10.10.2016)