Bild nicht mehr verfügbar.

Milorad Dodik, der Präsident der Republika Srpska, nach dem Referendum am vergangenen Sonntag.

Foto: Reuters / Dado Ruvic

Jeder Laternenpfahl und Telegrafenmast ist mit unzähligen Plakaten mit Köpfen von Politikern zugepflastert, die kaum einer kennt. Es gibt keine inhaltlichen Debatten vor den Lokalwahlen, die an diesem Sonntag stattfinden. Es zählt nur, ob die etablierten Parteien ihre Macht halten können.

Das ist auch gut nachzuvollziehen: Die Abhängigkeit von den Parteien, die Jobs und damit soziale Sicherheit in dem armen Land sichern, ist groß. Ein Patient erzählt von seinem jüngsten Erlebnis mit einer Spitalsangestellten, die der SDA, der größten bosniakischen Partei angehört. "'Wenn ihr mich nicht wählt, bekommt ihr keine Behandlung!', hat sie uns zugerufen", so der Patient, der anonym bleiben möchte.

Spannung um Milorad Dodik

Wahlberechtigt sind in dem Balkanstaat 3,3 Millionen Menschen. Insgesamt stellen sich 30.445 Kandidaten zur Wahl, 418 wollen Bürgermeister werden. Im Landesteil Föderation ist zu erwarten, dass die SDA in Koalition mit der ebenfalls bosniakischen SBB dort gewinnen wird, wo Bosniaken in der Mehrheit sind. Die multiethnischen Sozialdemokraten dürften weiter verlieren. In den großteils kroatischen Gemeinden gewinnt traditionell die HDZ.

Im zweiten Landesteil, der Republika Srpska (RS), ist spannend, wie die Partei des Präsidenten der RS, Milorad Dodik, die SNSD, abschneiden wird. Bei den Parlamentswahlen 2014 kam die oppositionelle SDS der SNSD nahe.

Die Lokalwahlen sind vom Feiertags-Referendum in der RS überschattet, das vergangenen Sonntag stattfand. Dodik ließ abstimmen, ob die Bürger weiterhin am 9. Jänner den Tag der RS feiern wollen. Die Beteiligung – offiziell 56 Prozent – blieb unter den Erwartungen. Manche Beobachter meinen, sie soll sogar bei 40 Prozent gelegen haben.

Chefankläger suspendiert

Bosniens Chefankläger, Goran Salihović, wurde am Mittwoch indes wegen des Verdachts auf Amtsmissbrauch suspendiert. Er soll Ermittlungen gegen Dodik in einigen Korruptionsfällen gestoppt haben. Am Montag hatte die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen Dodik wegen der Missachtung des Urteils des Verfassungsgerichtshofs in der Feiertags-Causa eingeleitet.

Dodik sagte, er werde sich über Video einvernehmen lassen, aber nicht nach Sarajevo kommen, weil er sich dort nicht sicher fühle. Er will den Verfassungsgerichtshof damit beauftragen, zu überprüfen, ob der Feiertag am 1. März – an dem die Unabhängigkeit Bosnien-Herzegowinas begangen wird – verfassungswidrig sei. Als die Bosnier 1992 über die Unabhängigkeit von Jugoslawien abstimmten, boykottierten die meisten Serben das Referendum. Sie wollen bis heute einen eigenen Staat oder einen Staat mit Serbien. (Adelheid Wölfl aus Sarajevo, 2.10.2016)