Friedensschluss in Kolumbien zwischen Präsidebnt Santos und Farc-Chef Timochenko nach einem halben Jahehundert Krieg – und jahrelangen Verhandlungen im Verborgenen.

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Vor wenigen Tagen gingen die Bilder vom Friedensschluss zwischen der Regierung Kolumbiens und der Rebellenbewegung Farc um die Welt. Jahrelang wurde über diesen Vertrag verhandelt, und wie es sich bei Verhandlungen über eine gute Sache gehört, natürlich mit voller Transparenz und in aller Öffentlichkeit.

Oder doch nicht? Haben die Konfliktparteien vielleicht im Geheimen miteinander gesprochen, fernab von der Heimat, immer in Sorge, dass Details über den Inhalt der Gespräche an die Medien weitergegeben werden könnten?

Schmerzhafte Zugeständnisse

Natürlich war es so. Beide Seiten mussten ja große und schmerzhafte Zugeständnisse machen, die vor Abschluss nicht bekannt werden durften. Sonst hätten die Gegner eines Friedensschluss in beiden Lagern diese Nachrichten genutzt, um das ganze Vorhaben zu desavouieren. Diese Taktik wird von Hardlinern bei praktisch allen schwierigen Verhandlungen genutzt – allzu oft mit Erfolg.

Verhandlungen zwischen Staaten und anderen Konfliktparteien, selbst zwischen Parteien bei einer Regierungsbildung oder Kollektivvertragspartnern haben nur eine Chance auf Erfolg, wenn sie im Geheimen ablaufen. Wer volle Transparenz fordert, will in Wirklichkeit, dass die Gespräche scheitern.

Legitime Argumente gegen TTIP – und vorgeschobene

Das gilt auch für Handelsgespräche wie den Verhandlungen zwischen den USA und der EU über das TTIP-Abkommen. Es gibt einige legitime Argumente gegen das Vorhaben. Jeder Freihandelsvertrag, der den gegenseitigen Marktzugang erleichtern soll, führt zu einer Aufweichung gewisser Standards und Regulierungen. Ob der Nutzen des Abkommens diesen Verlust ausgleicht, ist eine Abwägungsfrage – ich glaube ja.

Ebenso kann man diskutieren, ob das Klagsrecht für Investoren über Schiedsverfahren eingeführt werden soll. Aber der Vorwurf, TTIP sei undemokratisch oder gefährlich, weil die Verhandlungen im Geheimen ablaufen, ist ein vorgeschobenes und unehrliches Argument, das keiner näheren Betrachtung standhält.

Jedes Zugeständnis wird hinausposaunt

Wären die Verhandlungen öffentlich, würden die Gegner auf beiden Seiten, und vor allem in Europa, jedes auch nur angedeutete Zugeständnis hinausposaunen und so den Widerstand verstärken. Deshalb können nicht einmal alle Parlamentarier Zugang zu allen Materialien erhalten, denn auch unter ihnen gibt es viele, die die Gespräche sabotieren wollen.

Und Verhandler wollen auch stets vermeiden, dass ihre Standpunkte, sowie etwa der Spielraum für Konzessionen, der Gegenseite bekannt werden. Das würde die eigene Position massiv schwächen.

Öffentliche, völlig transparente TTIP-Verhandlungen würden sich in der Bekräftigung bekannter Meinungen erschöpfen und nie zu etwas führen. Wer das fordert und die Geheimniskrämerei beklagt, wünscht einfach nur das Scheitern der Gespräche. Das sollte man dann aber offen sagen. (Eric Frey, 1.10.2016)