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Der tschechische Innenminister Milan Chovanec (Mitte) sieht sich als Opfer einer Kampagne vor der Regionalwahl.

Foto: Reuters / Radovan Stoklasa

Prag – Der tschechische Innenminister Milan Chovanec steht derzeit im Mittelpunkt einer Plagiatsaffäre. In seiner Bakkalaureatsarbeit aus dem Jahr 2009 soll er zwei Seiten aus einer Maturaarbeit übernommen haben, die damals bereits seit sechs Jahren im Internet öffentlich zugänglich war. Darauf wies nun Tschechiens Piratenpartei hin.

Stein des Anstoßes ist weniger, dass sich Chovanec in einer wissenschaftlichen Abschlussarbeit zum Thema "Eigentumsverwaltung öffentlicher Einrichtungen" am Text eines Gymnasiasten bedient hat, sondern dass die fragliche Passage nicht als Zitat gekennzeichnet ist. Der Sozialdemokrat erklärte zu seiner Verteidigung, dass er im Literaturverzeichnis sehr wohl auf die Quelle hingewiesen habe. Im Fließtext jedoch fehlt der entsprechende Verweis völlig, außerdem ist die Passage nicht durch Anführungszeichen vom Text des Autors abgesetzt.

Kritik auch an Expressstudium

Kritisiert wird zudem, dass Chovanec seine Arbeit bereits am 31. März 2009 abgegeben hat – mehr als zwei Monate bevor ihm das Thema überhaupt offiziell zugeteilt wurde und nur sieben Monate nachdem er das Studium an der Universität im westböhmischen Pilsen aufgenommen hatte. Angesprochen auf sein Expressstudium sagte der Innenminister, er habe bereits vorher einen Kurs im Rahmen eines Programms für lebenslanges Lernen absolviert und sei deshalb gleich ins dritte Studienjahr eingestiegen.

An der juristischen Fakultät der Uni Pilsen waren derlei Vorfälle damals keine Seltenheit. Angesichts ähnlich schneller Abschlüsse mehrerer Politiker stand die Fakultät bereits einmal im Zentrum eines Skandals, der sie beinahe die Existenz gekostet hätte. Plagiatsaffären, sogar im Zusammenhang mit der wissenschaftlichen Arbeit der damaligen Fakultätsleitung selbst, beschädigten den Ruf der Einrichtung zusätzlich.

"Ehre in der Piratenseele"

In Tschechien finden am Freitag und Samstag Regionalwahlen und Teilwahlen zum Senat statt. Zu den Wahlkampfthemen gehört auch die Migration, obwohl es in Tschechien kaum Flüchtlinge gibt. Innenminister Chovanec gilt in der Angelegenheit als Hardliner und sieht hinter den Plagiatsvorwürfen den Versuch der Piratenpartei, kurz vor der Wahl einen Skandal zu erzeugen. Wenn die Piraten noch "ein Stück Ehre in ihrer Piratenseele haben, dann sollten sie sich entschuldigen", so Chovanec. Seinen Titel will er aber nun wegen der Kontroverse nicht mehr führen. (Gerald Schubert, 6.10.2016)