Foto: Lisi Specht
Fotos: Lisi Specht
Fotos: Lisi Specht

Seine sommerliche Kindheit verbrachte Stefan Loicht im tiefsten Waldviertel. Jahrzehnte später kaufte er sich hier ein Haus und rief den Krachmann-Preis ins Leben, der kommenden Samstag zum 12. Mal verliehen wird.

"Eigentlich wohne ich in Wien. Ich bin ein richtiger Währinger. Doch seit ich denken kann, habe ich meine Ferien im Waldviertel verbracht, und zwar in Steinegg am Kamp. Ich bin hier mehr oder weniger sommers aufgewachsen. Waldviertel, das war für mich immer Abenteuer, Ausbrechen und vor allem unendlich lange Tage. Damals in den Siebzigerjahren gab es im Waldviertel kein Fernsehen, kein Telefon, keine Medien, nichts, null, nada – nur Natur und Ruhe. Genau das ist jetzt, wo ich fast 50 bin, genau das Richtige, um guten Gewissens nichts tun zu müssen.

"Hier geht ein Stückchen Traum in Erfüllung. Es ist, als würde ich mir selbst nahekommen." Stefan Loicht mit seinem zweijährigen Mischling Finn.
Foto: Lisi Specht

Gefunden haben wir das Haus übers Internet vor circa 15 Jahren. Es liegt mitten im Gföhler und Leonharder Wald, der seit dem 16. Jahrhundert als Holzquelle für Wien genutzt wurde. Damals ist der Holzverbrauch massiv angestiegen, und so wurden hier sogenannte Waldämter errichtet, von denen aus sich die Holzfäller kreisförmig in die Tiefe des Waldes vorgearbeitet haben. Unser Haus ist das ehemalige Wohn- und Arbeitshaus eines solchen Holzfällers, eine sogenannte Keusche.

Die erste urkundliche Erwähnung, die ich gefunden habe, stammt aus dem Jahr 1686. Das Gute daran ist, dass unser Haus absolut freistehend ist, fernab irgendeines Dorfes. Es war in einem leicht renovierungsbedürftigen, aber nicht desolaten Zustand. Abgesehen davon, dass Böden und Materialien grindig waren, konnte man de facto sofort einziehen. Im Laufe der Jahre haben wir dies und das saniert, repariert, die eine oder andere Wand rausgerissen und das Dach neu gedeckt.

Fotos: Lisi Specht

Die Einrichtung ist eine Mischung aus Fünfzigerjahre-Design, Lieblingsobjekten meiner Frau Sabina – so wie etwa die Maske, der Kelim, die Stoffe – und allerlei zusammengestoppeltem Graffel. Dazu gehört auch der Globus. Der war schon da, als wir das Haus gekauft haben. Die Gestaltung ist mir ehrlich gesagt ziemlich wurscht. Das, was Wohnen für mich auszeichnet, manifestiert sich nicht in den Möbeln, sondern in der Nutzbarkeit und den Möglichkeiten, die der Ort hergibt.

Wenn's irgendwie geht, sitze ich unterm Apfelbaum und starre sinnentleert in die Landschaft, hinunter ins Reislingbachtal. Doofer Blick. Festplatte löschen. Batterien aufladen. Das ist meine wöchentliche Katharsis nach einer dichten, anstrengenden Arbeitswoche. Gerne gehe ich zu Fuß nach Steinegg, wo ich früher immer die Sommer verbracht habe. Das sind drei bis vier Stunden Fußmarsch. Eine wunderbare Entspannungsvariante ist übrigens auch Rasenmähen. Da wird das Hirn leer. Drei bis vier Stunden dauert die große Mahd der 2000 Quadratmeter. Der Nachteil dabei ist, dass mein Rasenmäherverbrauch ziemlich hoch ist. Vier Geräte sind schon hinich. Als fünftes habe ich mir endlich ein hochwertiges Qualitätsprodukt zugelegt. Mal schauen.

Fotos: Lisi Specht

Bei all diesem Verblöden entstehen die besten Ideen. Eine dieser Ideen ist der Krachmann-Preis, angelehnt an den Bachmann-Preis. Ich habe mir gedacht: Lasst uns doch die Literatur beehren, in Form eines Schreibwettbewerbs – aber im Gegensatz zum Original in einem ziemlich lockeren, verballhornten Rahmen mit Bier und Freunden. Heuer wird der Krachmann bereits zum zwölften Mal vergeben. Ich liebe es, wenn die Bude voll ist mit Leuten. Dann entsteht eine Schönheit, die kein noch so tolles Möbelstück, die keine noch so tolle Hausgestaltung erschaffen mag. Mit dem vollen Haus geht ein Stückchen Traum in Erfüllung. Es ist, als würde ich dabei dem kleinen Rotzbuben Stefan und seinen umtriebigen Abenteuern im Sommer begegnen. Es ist, als würde ich mir selbst nahekommen." (10.10.2016)