Tiflis/Athen – Er war Don Basilio und Boris Godunow, der intrigante Musiklehrer im Barbier von Sevilla, oder auch der wackere Regent in Russland vor der Zeit der Wirren Anfang des 17. Jahrhunderts. Nun gibt der georgische Opernsänger Paata Burtschuladse den Part des politischen Hoffnungsträgers: als Frontmann der neuen "dritten Kraft" in der Politik des kleinen, westlich orientierten Kaukasusstaats zwischen der regierenden Partei Georgischer Traum und der ehemals regierenden Vereinten Nationalen Bewegung (UNM). Beide haben die Georgier enttäuscht, Burtschuladse aber ist neu. Am Samstag sind Parlamentswahlen.

Es sind die ersten Wahlen, an denen die beiden übermächtigen Figuren Georgiens nicht unmittelbar teilnehmen – der Milliardär und Oligarch Bidsina Iwanischwili, der sich 2012 ein Parteienbündnis zusammenkaufte, den Georgischen Traum, und damit den ersten demokratischen Regierungswechsel durch Wahlen in Georgien seit der Unabhängigkeit 1991 erreichte; und der "Rosenrevolutionär" Michail Saakaschwili, der von 2004 bis 2013 Präsident war und zwischenzeitlich sein Land in einen Krieg gegen Russland geritten hat.

Das Interesse im Westen an den Wahlen ist deutlich geringer als in früheren Jahren. Georgien-Beobachter in Brüssel wie Washington sind sich gleichwohl einig, dass es dieses Mal um die Konsolidierung der Demokratie in Georgien geht. Der Nato-Beitrittskandidat, seit Juli dieses Jahres auch assoziiertes Mitglied der EU, hat strategische Bedeutung für den Westen.

Zersplittertes Parlament

Umfragen haben kein deutliches Ergebnis erbracht. Absehbar sind Verluste für den Georgischen Traum, der von Regierungschef Giorgi Kwirikaschwili geführt wird. Doch eine Rückkehr der UNM an die Macht scheint unwahrscheinlich. Ein zersplittertes Parlament mit vielen dritten Kräften – alten und neuen wie der des Opernsängers Burtschuladse – wird deshalb erwartet. Sie kommen als Koalitionspartner in Betracht. Der frühere Verteidigungsminister und Ex-Verbündete im Georgischen Traum, Irakli Alasania, gilt dabei mit seiner Partei Unser Georgien – Freie Demokraten als die prowestlichste Kraft.

Der massive Sturz des georgischen Lari im vergangenen Jahr hat Lebenshaltungskosten und die in Dollar aufgenommenen Bankkredite noch einmal erheblich verteuert. Für den Kursverlust von 35 Prozent kann die Regierung wenig; ihre Wahlversprechen von Aufschwung und mehr Jobs hat sie trotzdem nicht erfüllt. (Markus Bernath, 9.10.2016)