Claudia Reiterer kehrt nun zweifelsfrei in den Journalismus zurück.

Foto: ORF/Thomas Ramstorfer

Wenn der ORF mit Ingrid Thurnhers Abschied aus "Im Zentrum" der FPÖ und ihren Sympathisanten eine Freude machen wollte, dann ist sie gelungen: Nachfolgerin Claudia Reiterer braucht dafür nicht einmal, wie Thurnher im Mai, einem Präsidentschaftskandidaten Norbert Hofer Fragen der "ZiB" -Redaktion nach dessen Erlebnissen auf dem Tempelberg in Jerusalem zu stellen.

Real waren die Grünen übrigens viel entsetzter als die FPÖ nach außen über die Tempelberg-Frage Thurnhers: Auf den letzten Metern des Wahlkampfs ließ die freiheitliche Empörung über den Umgang des ORF mit Hofer laut internen Umfragen den FPÖ-Kandidaten wieder näher ein Stück aufholen.

Diesen Freitag brauchte es 33 Minuten und 17 Sekunden von der ORF-Aussendung über Claudia Reiterer als neue "Im Zentrum"-Moderatorin zur "Fassungslosigkeit" der FPÖ: Parteistratege Herbert Kickl empörte sich umgehend, dass die Ehefrau von Alexander Van der Bellens Wahlkampfmanager Lothar Lockl die politischen ORF-Diskussionen leiten wird.

Reiterer (48), ein Kind mit Lothar Lockl, tritt ihren Job erst im Jänner an, nach der nächsten Bundespräsidentenwahl. Doch die Kommunikation kam der FPÖ sichtlich gelegen.

Entsetzen über "Sippenhaftung"

Reiterers aktueller Job als Moderatorin der Konsumentensendung "Heute konkret" hatte SPÖ wie Grüne empört: Seit 1999 war Reiterer innenpolitische Journalistin, sie leitete ab 2000 erst die Sonntagabenddiskussion "Betrifft", dann "Pressestunde", "Report" und "Hohes Haus". Der bürgerliche TV-Chefredakteur Werner Mück mobbte sie massiv, doch erst ORF-General Alexander Wrabetz versetzte sie vom Aktuellen Dienst zum Konsumentenschutz. Weil sie mit Lockl, damals Grüner Parteimanager, verheiratet war.

"Eine Riesensauerei", befand die grüne ORF-Stiftungsrätin Monika Langthaler 2007, Nationalratspräsidentin Barbara Prammer protestierte "entsetzt" über "Sippenhaftung".

Wrabetz verdankte seinen Generalsjob ab 2006 vor allem freiheitlichen ORF-Stiftungsräten; 2016 spielte der Grüne Rat eine Schlüsselrolle. Und hätte dieser Stiftungsrat der Grünen bei der ORF-Wahl im Sommer auf maßgebliche Kräfte in seiner Partei gehört, wäre heute womöglich Wrabetz' Gegenkandidat Richard Grasl ORF-Generaldirektor.

Unjournalistische "Dancing Stars"-Siegerin

Die Zwangspause ab 2007 ermöglichte Reiterer einen Nebenjob als AMA-Werbetestimonial. Der ORF-Redakteursrat hielt das für unvereinbar mit der Infosendung "Heute konkret"; der ORF erklärte die Genehmigung, Reiterer sei nicht mehr journalistisch tätig. So war auch ihr Einsatz bei "Dancing Stars" kein Problem, das sie 2009 mit Tanzprofi Andy Kainz gewann. Eher unjournalistisch wurde auch ihr Auftritt 2010 als "Opernball"-Moderatorin wahrgenommen. Nun kehrt sie zweifelsfrei in den Journalismus zurück.

Reiterer hat auch Bücher geschrieben. 2009 zum Beispiel mit "Falter"-Redakteurin Nina Horaczek das Buch "HC Strache – Sein Aufstieg. Seine Hintermänner. Seine Feinde". (Harald Fidler, 7.10.2016)