Abdelilah Benkirane nach dem Wahlsieg vom Wochenende inmitten von Unterstützern.

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Marokkos Islamistenführer Abdelilah Benkirane, der erneut die Parlamentswahlen gewonnen hat, gibt sich modern: Anzug statt traditioneller Chilaba, ein helles Hemd, oberster Knopf offen, nie Krawatte. Der einzig islamistische Premier der Region zeigt bei den Wahlkampfveranstaltungen seiner Partei für Justiz und Entwicklung (PJD) Humor und tanzt sogar ein paar Schritte zur Wahlkampfmusik. Der Vater von sechs Kindern wohnt, anders als seine Vorgänger, weiter in seinem einfachen Haus, statt in eine Luxusvilla umzuziehen.

Seine Töchter habe er nie gezwungen, Kopftuch zu tragen. Das sei eine private Entscheidung und "muss aus religiöser Überzeugung kommen", erklärt er. Benkirane war nicht immer so moderat. Viele erinnern sich, dass er 2001 eine Kamerafrau des öffentlichen Fernsehens im Parlament beleidigte, weil diese ein T-Shirt trug.

Der 62-jährige Physiklehrer, der sich fließend der französischen wie der arabischen Sprache bedient, hat einen langen politischen Weg hinter sich. Er stammt aus einer einfachen Familie aus der Hauptstadt Rabat. Sein Vater stand der historischen Unabhängigkeitspartei Istiqlal nahe. Sohn Abdelilah tat es ihm in seiner Jugend gleich. An der Universität wechselte er zu den Sozialisten, danach landete er bei allerlei, teils verbotenen islamistischen Gruppierungen.

Zusammen mit 400 "Brüdern" gründete er schließlich eine Gruppe, die eine der historischen Parteien Marokkos übernahm und sie zu dem machte, was die PJD heute ist – die stärkste Kraft des Landes, mit der er nun zum zweiten Mal in den Regierungspalast einzieht.

Benkirane gewann trotz einer heftigen Kampagne gegen ihn und seine PJD. Videos in den sozialen Netzwerken warnten vor seiner religiös ausgerichteten Politik, die das Verbot für Homosexualität und Strafen für außereheliche sexuelle Beziehungen aufrechterhalten hat und den Gebetsruf im öffentlichen Funk und Fernsehen einführte. Die PJD wurde dabei immer wieder mit den Muslimbrüdern in Ägypten verglichen. Wenige Wochen vor den Wahlen fand gar eine Demonstration gegen die "Brüderisierung Marokkos" statt.

Benkirane zeigte sich von der Kampagne seiner Gegner unbeeindruckt. Er blendete die Religion fast völlig aus und verwies stattdessen auf seine wirtschaftlichen und sozialen Erfolge. Er gab sich ganz als "Garant der Stabilität", der das Land durch die wirren Zeiten des Arabischen Frühlings geführt hat. (Reiner Wandler, 9.10.2016)