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Wie von Gottes Gnaden: Milo Djukanovic regiert seit 25 Jahren

Foto: APA / EPA / Boris Pejovic

Nur noch eine Amtszeit. "Milo Đukanović soll noch vier Jahre regieren, damit Montenegro erfolgreich in die Nato kommt und der EU-Beitritt über die Bühne geht", sagt Marija – lange dunkle Haare, ein paar Plastiksackerln in der Hand -, während sie den Platz der Republik in Podgorica überquert. Die 25-jährige Studentin war noch nicht einmal geboren, da war Milo Djukanovic bereits Premierminister. Seit 1991 herrscht der groß gewachsene Montenegriner mit dem selbstsicheren Grinsen, das schnell wieder gefrieren kann, über den kleinen Staat mit 625.000 Einwohnern. Mal als Regierungschef, mal als Präsident.

Diesmal wird argumentiert, dass Djukanovic unersetzlich ist, weil eine Regierung mit der prorussischen Partei Demokratische Front (DF) verhindert werden soll, die gegen den Nato-Beitritt ist. Djukanovic warnt erfolgreich davor, dass andernfalls der gesamte Staat gefährdet sei, und weiß dabei die EU und die USA als Unterstützer hinter sich. Einige Nato-Staaten haben die Mitgliedschaft Montenegros bereits ratifiziert, der Prozess wird aber noch einige Monate dauern. Praktisch gibt es aber gar keinen Weg zurück.

"Unsicherste Wahlen"

Das Thema Nato ist trotzdem gut auszuschlachten. Am Sonntag finden in Montenegro Parlamentswahlen statt, und erstmals sieht es danach aus, dass Djukanovics DPS nicht mehr ohne Opposition regieren können wird. Es sind die bisher "unsichersten Wahlen" für ihn. Die DF dürfte die stärkste Oppositionskraft werden. Die DPS unterstellt ihr, sie würde aus russischen Quellen finanziert – nachgewiesen hat das bisher keiner. Allerdings weiß auch niemand, wer die riesigen blauen Plakate bezahlt, auf denen die DF ankündigt "bereit zu sein" und einen "Plan" zu haben.

Die drei größten Oppositionsparteien haben geschworen, nicht mit der DPS zu koalieren, doch ein gelernter Montenegriner weiß, dass am Ende das Geld und die Jobs, die man anbietet, entscheidend sind. Viele rechnen damit, dass Djukanovic wieder eine Regierung zusammenbringen wird. Eine Koalition aller Oppositionsparteien ist wegen der inhaltlichen Differenzen unwahrscheinlich. Die Demokratische Front gilt den anderen als zu radikal und vor allem zu antieuropäisch.

Trotzdem ist etwas in Bewegung im Land mit den hellgrünen Hügeln und tiefen Schluchten. Vor einigen Monaten wurden nach Protesten ein paar Oppositionspolitiker in die Ministerien und öffentlichen Institutionen gelassen. Nachdem praktisch die gesamte Verwaltung von DPS-Leuten besetzt ist, war das Experiment nicht besonders effektiv. Sozialminister Boris Maric, der aus der Zivilgesellschaft kommt, erzählt über Obstruktionen durch die eigenen Beamten. Immerhin habe er erreicht, dass die Gewinner öffentlicher Ausschreibungen veröffentlicht wurden. Das habe mehr Transparenz geschaffen.

111-jährige Erstwählerin

Transparenz wäre auch beim Wählerregister dringend notwendig. Wegen eines Abgleichs mit dem Melderegister wurden 120.000 Personen einem neuen Wahllokal zugeordnet. Allerdings ist auch das Melderegister veraltet, weil sich kaum jemand ab- oder anmeldet.

Die NGO Mans hat versucht, die Wählerregister zu aktualisieren und sogar Todesanzeigen in Zeitungen studiert. Sie fand Personen im Register, die bereits vor 20 Jahren verstorben waren. Eine Dame aus Bar, die nun als Erstwählerin registriert wurde, ist offiziell 111 Jahre alt. Merkwürdig sei zudem, dass über 4000 Wähler aus den Registern gestrichen wurden und dafür 3000 völlig neue Namen von Personen auftauchten, die aber über 40 Jahre alt sind, so Vanja Calovic von Mans.

Der Innenminister hat die Wählerlisten wegen der Unregelmäßigkeiten nicht unterschrieben, dafür hat dies sein Stellvertreter gemacht. Ob das rechtmäßig war, ist offen. Eigentlich dürften die Montenegriner aber ohnehin gar nicht wählen, weil ihre Personalausweise nicht die gesetzlich vorgesehenen biometrischen Daten aufweisen. (Adelheid Wölfl aus Podgorica, 14.10.2016)