Die Zeiten, als der Einzelhandel eine stabile Festung in einem wackeligen wirtschaftlichen Umfeld war, sind vorbei. Wenige Ketten sichern sich den Großteil der Gewinne. Vielen anderen Betrieben geht die Kraft aus. Der private Konsum schwächelt. Und was die wachsenden Kosten von Grundbedürfnissen wie Wohnen und Lebensmitteln nicht fressen, wird nicht ins elfte Paar Schuhe investiert.

Der Handel steckt über weite Teile in einer misslichen Lage und erlebte Pleiten in einer Dimension, die vor Jahren nur wenige für möglich hielten. Vieles ist jedoch selbst verschuldet: Wie das Kaninchen vor der Schlange überließen ehemals dominante Platzhirsche internationalen Onlineriesen das Feld. Auch die Politik bürdete Unternehmen Steuern und bürokratische Hürden auf, die in Europa ihresgleichen suchen. Dass da unterm Strich geringe Erträge übrigbleiben, darf also nicht verwundern.

Jetzt wird wie alle Jahre wieder um die Gehälter der Mitarbeiter gefeilscht. Und alle Jahre wieder beklagen die Arbeitgeber die enormen Personalkosten. Das Argument, dass die Rettung des Handels in niedrigen Einkommen liegt, ist aber Unsinn. Keine Branche saniert sich, indem sie ihre Leute an einer zu kurzen finanziellen Leine hält. Wer sich von Internethändlern nicht an die Wand spielen lassen will, braucht keine Regalschlichter, sondern kompetente Leute. Und diese gehören fair bezahlt und nicht mit Mindestlöhnen von 1523 Euro brutto abgespeist. (Verena Kainrath, 19.10.2016)