Herwig Straka: "Bevor ich einem Nadal sehr viel Geld zahle, zahle ich dem Murray nur viel Geld. Direkt rechnet sich das nie."

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Andy Murray, zweifacher Olympiasieger und dreifacher Gewinner von Grand-Slam-Turnieren, schlägt in Wien auf. Bereits 2014 hat er das Turnier im Finale gegen David Ferrer für sich entschieden. Der 29-jährige Schotte schickt sich an, Novak Djokovic vom Thron zu stoßen.

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STANDARD: Die Welt gerät aus den Fugen, die Stimmung ist schlecht. Das Wiener Tennisturnier boomt auf einmal, der Kartenvorverkauf ist rekordverdächtig. Warum?

Straka: Aus zwei Gründen. Es ist der Gegensatz zur Social-Media-Bewegung. Wenn wir alle nur mehr digital und online leben, brauchen wir auch wahre Erlebnisse. Große Konzerte boomen, Events boomen. Zweitens hat es immer schon Brot und Spiele gegeben. Gerade in Zeiten, in den es Leuten nicht so gut geht, war und ist Unterhaltung wichtig. Im konkreten Fall ist es halt Tennis. Wir sind der größte wiederkehrende Sportevent in Wien.

STANDARD: Die Geschichte ist wechselhaft. Manchmal hat es geheißen, man stehe kurz vor dem Zusperren, jetzt hält man bei einer Dotation von 2,5 Millionen Euro. Wie ist das zu erklären? Tennis war ja immer Tennis, nur die handelnden Personen haben sich geändert.

Straka: Tennis ist weltweit gesehen eine konstante, wenn nicht sogar aufstrebende Sportart. Es hat immer verschiedene Märkte gegeben. Einmal sind Deutschland und Österreich runtergegangen, dafür sind Frankreich und Spanien gewachsen. Hört Nadal auf, wird das Interesse in Spanien sinken. In Österreich ist nun Dominic Thiem da, er hat eine äußerst attraktive Spielweise. Die Fernsehrechte werden teurer, das ist ein positiver Indikator.

STANDARD: Das Budget des Turniers beträgt acht Millionen Euro. Besteht die Gefahr des Größenwahns?

Straka: In der gesamten Gesellschaft herrscht ein Verlust der Mitte. Leider. Alles, was ganz groß oder regional-klein ist, gewinnt. Was sich mittendrin befindet, ist bedauerlicherweise weder Fisch noch Fleisch. Deswegen traf ich vor zwei Jahren die Entscheidung, größer zu werden. Ich hatte keine Alternative, keine andere Chance. Dadurch erhöht sich mein Risiko massiv. Es war eine Flucht nach vorn, die gut angekommen ist. Wir sind aber nach wie vor auf der Suche nach passenden Sponsoren, internationalen Sponsoren.

STANDARD: Wie gelang es, Andy Murray zu verpflichten? Entschuldigen Sie die vielleicht naive Frage, aber was kostet der?

Straka: Andy Murray war 2014 in Wien, seit damals verbindet mich eine gute Beziehung zu ihm und seinem Management. Ende März, als wir den Vertrag abgeschlossen haben, war er zwar schon die Nummer zwei der Welt, aber noch nicht so außergewöhnlich wie jetzt. Ich dachte mir, bevor ich einem Nadal sehr viel Geld zahle, zahle ich dem Murray nur viel Geld. Viel Geld ist ein hoher sechsstelliger Betrag in Euro. Es ist aber nicht ganz die Million, die Nadal, Djokovic oder Federer verlangen und auch kriegen.

STANDARD: Rechnet sich das in kaufmännischer Hinsicht?

Straka: Direkt rechnet sich das nie. Das gilt auch für Thiem, der wesentlich weniger verdient. Aber du hast eine Verpflichtung, dem Publikum und der Wertigkeit des Turniers gegenüber. Das Feld wird immer besser, weil wir bereit sind, zu investieren. Aber ich bin auch gezwungen, wirtschaftlich zu denken, weil wir mit dem Budget an der Kante sind. Uns fehlen Einnahmequellen, ein internationaler Sponsor, wir werden nicht von der öffentlichen Hand gefüttert, da gibt es keine Unterstützung.

STANDARD: Als Veranstalter ist man eher Zweiter, den Preis diktieren andere.

Straka: Ja, du hast den Wettbewerb mit Dubai, mit China, die geben die Summen vor. Die Spieler sagen nicht: Weil es Wien ist, geben wir es billiger. Das Preisgeld ist ebenfalls vorgegeben. Sehr gut für Wien ist der tolle Termin.

STANDARD: Ist es ein Verdienst Dominic Thiems, dass das Jammern nach Thomas Muster endgültig verstummt ist?

Straka: Ja. Muster ist Geschichte, weil sich die heutige Jugend gar nicht mehr an ihn erinnert. Thiem ist die neue Generation. Stefan Koubek und Jürgen Melzer wurden noch an Muster gemessen. Auch die Rufe nach Horsti Skoff werden verhallen. Muster ist aber als Botschafter des Turniers nach wie vor wichtig. Er ist einfach unantastbar, und er bringt sich ein.

STANDARD: Das Turnier in Kitzbühel setzt ausschließlich auf Thiem. Ist das nicht riskant?

Straka: Natürlich. Aber Kitzbühel hat keine andere Chance. Wien definiert sich über das gesamte Teilnehmerfeld. Thiem hat im Vorjahr in der ersten Runde verloren, trotzdem waren wir am Freitag und Samstag ausverkauft. Ein Lokalmatador ist nur das Zuckerl.

STANDARD: Der Vertrag mit der Erste Bank endet. Generali hat die Partnerschaft mit dem Linzer Damenturnier nicht mehr verlängert. Droht das in Wien auch?

Straka: Wir sind in guten Gesprächen. Fakt ist, dass wir uns von einem Titelsponsor fast mehr erwarten. Da wissen sie. Was Sponsoren im Finanzdienstleisterbereich generell betrifft, ist es schwieriger geworden, Personal wird abgebaut. Aber Banken können nicht sagen: Wir hören jetzt auf zu werben. Gerade in diesen Zeiten muss man sich vom Mitbewerber abheben. (Christian Hackl, 21.10.2016)