Seit dem vergangenen Wochenende ist die Debatte um Hasspostings im Netz wieder aufgeflammt. Auslöser war ein Facebook-Beitrag von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, der zahlreiche zur Gewalt aufrufende Userkommentare nach sich zog. Politiker anderer Parteien wie Peter Pilz (Grüne) forderten sogar strafrechtliche Konsequenzen für Strache, der nun bei seinen Facebook-Beiträgen aktiv zur Mäßigung in den Kommentarspalten aufruft.
Öffentliches Outing
Als einen möglichen Weg, um die Anzahl an Hasspostings zu senken, war lange das öffentliche Outing von deren Verfassern gesehen worden. Für Aufsehen hatte vor exakt einem Jahr eine Aktion der "Bild"-Zeitung gesorgt. Sie hatte auf ihrer Titelseite verhetzende und zu Gewalt aufrufende Kommentare samt Fotos und Klarnamen der Facebook-Nutzer veröffentlicht – und damit das Persönlichkeitsrecht verletzt, wie das OLG München festgestellt hat.
Jetzt haben Forscher der Maximilian Ludwig-Universität in München untersucht, welche Auswirkungen dieser "Pranger" auf das Postingverhalten der Nutzer hatte. Dazu wurden Postings auf der Facebook-Seite der "Bild" in den Tagen vor und nach der Veröffentlichung des Prangers analysiert.
Kurzfristige Abnahme
Die Ergebnisse sind für Anhänger dieses Ansatzes ernüchternd. Zwar sank direkt nach der berüchtigten "Bild"-Titelseite die Anzahl der Hasspostings um einen kleinen Anteil auf 5,6 Prozent aller Postings, nach mehr als einer Woche war das vorige Niveau von mehr als sieben Prozent aber wieder erreicht. Dafür stiegen die negativen Kommentare zur Flüchtlingskrise, die nicht als Hassposting bewertet wurden, stark an – um nahezu acht Prozent auf 78 Prozent. Das kann laut den Forschern zwei Gründe haben: Einerseits könnten Hassposter versucht haben, sich gemäßigt zu äußern; andererseits könnte die Aktion der "Bild"-Zeitung auch eine Art von Trotzreaktion bei den Nutzern ausgelöst haben.
Meinung über Flüchtlinge temporär "verschlechtert"
"Die öffentliche Bloßstellung von Hasskommentatoren ist kein angemessenes Mittel, um Hasskommentaren entgegenzuarbeiten", schreibt European Journalism Observatory in einem Beitrag über die Studie. Kurzfristig würden derartige Pranger die öffentliche Meinung über Flüchtlinge "verschlechtern".
Eine alternative Methode zur Eindämmung von Hasskommentaren ist das Aufzeigen juristischer Konsequenzen. Die Grünen haben in einer öffentlichkeitswirksamen Kampagne beispielsweise mehrere Poster angezeigt, die Grünen-Parteichefin Eva Glawischnig sexistisch beleidigt oder bedroht hatten. Dabei gibt es sowohl straf-, als auch medien- und privatrechtliche Sanktionen, die auf Hasspostings folgen können. (red, 21.10.2016)