Letzter Friede unter Bäumen: Individuelle Wünsche wie Naturbestattungen nehmen zu.

Foto: apa/Barbara Gindl

Wien – Die Zeit macht selbst vor dem Tod nicht Halt. Und so ändert sich wie alles im Leben auch der Umgang mit der Trauerkultur.

Oft dauert es Jahre und dann geht alles mitunter ganz schnell. Vorbei. Dann ist man tot. Ein Begräbnis sieht heute ganz anders aus als noch vor zwanzig Jahren. Nicht, dass die traditionellen Riten aussterben würden – sie dienen den Menschen immer noch als begleitender Anker – doch der Mensch, das Geschöpf, tritt immer mehr in den Vordergrund. Die Bestatter von morgen sind gefordert. Was gemeinhin der jüngeren Generation zugeordnet wird, gilt zunehmend auch für die "Silver Society" – Ältere, die heute nicht nur länger leben, sondern sich auch länger jung fühlen. Die Moderne hält Schritt. Das zeigt eine im Auftrag der Wirtschaftkammer Österreich (WKO) präsentierte Trendstudie des Zukunftsinstituts.

"Wertewandel, Verwaltung des digitalen Nachlasses (Himmel, wohin mit den Facebook-Daten?) und vor allem die starke Zunahme von individuellen Wünschen stellen die Bestattungsinstitute vor neue Herausforderungen", konstatiert Franz Nechansky, Innungsmeister der Bestatter in der WKO. "Unser Anforderungsprofil umfasst mehr, als einfach nur Särge zu verkaufen." Eine neue Bestattungskultur sei angebrochen, mit einem Leistungsportfolio, das sich nach oben entwickeln wird. Da erlebt zum Beispiel die Verabschiedung am offenen Sarg eine Renaissance. Was, wenn der oder die Verstorbene jedoch unschön starb, zum Beispiel durch Gewaltverbrechen? Angehörige und Trauernde wollen auf ein friedvolles Ende blicken – um diesen letzten Anschein herzustellen braucht es Spezialisten. So werden in Zukunft sehr breit aufgestellte Unternehmen auf den Plan treten, die im Netzwerk mit strategischen Partnern ein umfassendes Servicespektrum abdecken müssen – der Bestatter als Dienstleister und Manager der individuellen Wünsche.

Wald und Wiese

Zu den Hardfacts: 83.073 Sterbefälle zählte Österreich 2015, davon waren 58 Prozent Erdbestattungen – Feuerbestattungen holen aber seit Jahren auf, Tendenz steigend. Mehr als diese zwei Möglichkeiten gibt es in Österreich nicht. Zudem herrscht Sargpflicht. Selbst kremierte Leichen werden zuvor in einen Sarg gelegt.

Auch Naturbestattungen, die letzte Ruhe unter Bäumen, Wald und Wiese, beleben den Markt. Sie sind zwar immer noch ein Nischenprodukt, doch seitdem diese vor zehn Jahren möglich geworden sind, steigt auch die Nachfrage stetig. 544 Mitgliedsbetriebe hat die WKO heute, 2002 verlor die Branche ihre Monopolstellung und wurde liberalisiert.

Der Tod hat auch seinen Preis. Welchen, will und kann Nechansky nicht sagen. Weder zu den einzelnen Bestattungen noch zum Umsatz der Branche gebe es seriöse und verlässliche Zahlen. Ein Vergleich der Unternehmen sei unmöglich. Während der Platzhirsch, die Bestattung Wien, tausende Aufträge im Jahr erhält, sind Kleine oft Kombinationsbetriebe, die den letzten Gang gemeinsam bestreiten. (ch, 21.10.2016)