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Chrystia Freeland, von der Journalistin zur kanadischen Handelsministerin.

Foto: REUTERS/Chris Wattie

Das Foto spricht Bände: Chrystia Freeland im knallroten Kleid, mit dem sie aus der versammelten Regierungsmannschaft Kanadas heraussticht wie eine Himbeere unter Pflaumen. Das Kleid trug sie zur Vereidigung als internationale Handelsministerin im November 2015. Doch Freeland fällt auch ohne Signalfarbe auf: eine erfolgreiche Journalistin und Buchautorin mit ukrainischen Wurzeln, die auf einer Farm im Westen Kanadas aufwuchs, mehrere Sprachen spricht und zuletzt in New York Karriere beim Medienkonzern Thomson Reuters machte.

Mit ihrem Buch Die Superreichen hatte die heute 48-jährige Politikerin internationales Aufsehen erregt. Bei einer Buchpräsentation sprach sie Justin Trudeau, der spätere Premierminister, an. Die beiden teilen die Sorge um die Aushöhlung der Mittelschicht, während die Reichen immer reicher werden.

Nur nach Zögern "Ja" gesagt

Dem Locken Trudeaus gab sie erst nach einigem Zögern nach, wegen ihrer drei Kinder, die sie mit einem britischen Journalisten hat, das jüngste ist sechs Jahre alt. Aber die Politik war ihr schon von jeher vertraut gewesen. Ihre ukrainische Mutter, geboren in einem deutschen Flüchtlingslager, war eine sozial engagierte Feministin und Juristin. Ihr Vater, ebenfalls ein Jurist, mischte in der lokalen Politik mit. Eine "magische" Kindheit fanden die extravertierte Chrystia und ihre Schwester auf der Farm der Großeltern im wilden Norden der Provinz Alberta. Sie bekamen ein Pferd geschenkt. Ihr Vater baut heute noch Raps an.

Freeland versteht die Welt der wallonischen Bauern wahrscheinlich besser als andere – aber sie verkehrt auch mit den Kapitalisten dieser Welt. David Thomson, den reichsten Kanadier und Vorsitzenden von Thomson Reuters, bezeichnet sie als Freund. Dennoch: Ihre Wurzeln als Nachfahrin armer Immigranten vergisst sie nie, noch ihre Eltern sprachen Ukrainisch mit ihr. Als junge Frau hielt sie sich in Kiew auf und beschloss dort, Journalistin zu werden. Nach dem Studium in Harvard und Oxford arbeitete sie in Moskau, Toronto und in den USA – bis Kanada rief.

Familie und Ceta

In Toronto gewann sie für die Liberalen einen Sitz im Parlament und wurde später mit dem Ministeramt belohnt. Noch im Sommer sagte sie: "Manchmal ist es komplizierter, als jegliches Handelsabkommen zu organisieren, wer an einem bestimmten Tag auf meine Kinder aufpasst." Eine Ansicht, die sie vielleicht noch revidieren muss. (Bernadette Calonego, 23.10.2016)