Kunst und Bücher: David Hockney blättert auf der Frankfurter Buchmesse in seinem etwas unhandlich geratenen Buch, das ausgewählte Werke seines Schaffens umfasst.

Foto: APA/dpa/Dedert

Frankfurt/Main – "Die Frankfurter Buchmesse ist eine Veranstaltung zwischen Event, Wirtschaftsereignis und Eintritt für die Menschenrechte" , sagte Juergen Boos 2005, als er seinen Vorgänger Volker Neumann als Direktor der größten Buchmesse der Welt ablöste.

Zunächst nahmen alle die Ankündigungen des Neulings mit einem müden Schulterzucken hin und waren gespannt, wie er seine zwischen Geschäft, Publikumserwartungen und politischem Engagement oszillierenden Vorstellungen unter den Messedächern vereinen würde. Fakt ist, dass der heute 55-Jährige früh schon die Zeichen und vor allem die Herausforderung der digitalen Zeit für die Verlagsbranche erkannte und die fünftägige Veranstaltung in zwölf Jahren von einer klassischen Buchmesse hin zu einem Umschlagsplatz für Inhalte (Content!) und Geschichten aller Art sowie deren Verwertungen umbaute. Wobei das Buch mittlerweile unter dem Motto "A Book is a Film is a Game" nur als sichtbare Spitze eines Eisbergs gilt, an der eine umfangreiche Verwertungskette hängt.

Digitalisierung des Geistes

So entdeckte Boos etwa das "Self-Publishing" für die Messe. Dazu etablierte er die Transmedia-Konferenz "Story Drive", die Hotspots für digitale Dienstleister und, heuer neu, die "Messe in der Messe" Arts+. Sie soll ausloten, wie künstlerische Inhalte – nicht nur über Bücher – transportiert werden können. So flog man als Promoter den bekannten britischen Künstler David Hockney ein, der seit längerem vor allem am I-Pad malt. Wobei diese Digitalisierung des Geistes nicht jedermanns Sache sein muss und die Messe mehr und mehr einer wirtschaftlichen Kontaktbörse gleicht.

Nichtsdestotrotz waren heuer 7000 Aussteller aus 106 Ländern, darunter 127 Verlage aus Österreich, vor Ort, und immer noch finden auf der Messe hunderte Lesungen statt. Zudem dominieren nach wie vor hohe Büchertürme die vier mehrstöckig bespielten Hallen, doch es ist spürbar, dass es in den Eingeweiden dieses Messemolochs rumort. Auch weil nach dem jahrelang als Gottseibeiuns der Branche gehandelten E-Book, das mittlerweile einen Marktanteil von fünf Prozent erreicht, nun mit dem Schutz von Urheberrechten ein weit wichtigeres Thema im Raum steht, das Verlage, Gesetzgeber und Verwertungsgesellschaften beschäftigt.

Insgesamt wurde aber an dieser Buchmesse weniger gejammert, die Umsätze entwickeln sich stabil, der stationäre Buchhandel aber steht durch steigende Kosten weiter unter Druck. Worauf auch der zur Eröffnung des österreichischen Gemeinschaftsstandes angereiste Kulturminister Thomas Drozda hinwies, der einen jährlich vergebenen Preis (50.000 Euro) für die fünf besten Buchhandlungen Österreichs ankündigte.

Rechte und Worte

Zum Abschluss wurde die Messe dann mit der Verleihung des Friedenspreises des deutschen Buchhandels an Carolin Emcke (49) noch einmal politisch. Nachdem Börsenverein-Vorsteher Heinrich Riethmüller an der Eröffnung die Politik kritisiert und ein verstärktes Eintreten für die Freiheit des Wortes gefordert hatte, ging auch Emcke in ihrer Rede auf dieses Thema ein. Allerdings nicht nur. Denn neben dem Appell, handelnd und nicht nur sprechend gegen Hass und Fanatismus vorzugehen, forderte die Berliner Publizistin auch Mut zum Dialog.

"Dazu braucht es nur Vertrauen in das, was uns Menschen auszeichnet: die Begabung zum Anfangen. (...) Wir können immer wieder anfangen, als Individuen, aber auch als Gesellschaft. Wir können die Verkrustungen wieder aufbrechen, die Strukturen, die uns beengen oder unterdrücken, auflösen, wir können austreten und miteinander suchen nach neuen, anderen Formen", so Carolin Emcke. (Stefan Gmünder, 24.10.2016)