Die Bundesregierung hat jüngst eine Reform des Schulwesens vorgelegt, die unter anderem größere Personalautonomie für Schulleitungen, Clusterbildungen und flexiblere Zeit- und Klasseneinteilungen bringen soll. Diese Reform ist auch eine Antwort auf die stark gesunkene Zufriedenheit mit dem Bildungswesen.

Die SPÖ stellt mit Sonja Hammerschmid derzeit die Bildungsministerin.
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Auf einer Skala von 0 (äußerst schlecht) bis 10 (äußerst gut) bewertet, haben die Befragten in Österreich dem Bildungssystem im Jahr 2002 noch einen Mittelwert von 6,3 bescheinigt. In den Jahren 2008 und 2014 lag dieser Wert nur mehr bei 5,1 (eine deutliche Verschlechterung bei einer 11er-Skala). Die Daten stammen vom alle zwei Jahre durchgeführten European Social Survey.

Im selben Zeitraum hat die Wichtigkeit des Themas Bildung zugenommen. In den Eurobarometer-Umfragen vor 2010 nannten durchschnittlich rund zehn Prozent der Befragten das Thema als eines der zwei wichtigsten für das Land. Ab 2010 sind es im Mittel rund 15 Prozent. Damit rangiert Bildung derzeit hinter Arbeitslosigkeit und Zuwanderung in etwa gleichauf mit Kriminalität und Inflation und klar vor Terrorismus, Pensionen oder Umweltschutz.

Wenn ein bestimmtes Thema an Bedeutung gewinnt, dann nutzt dies am ehesten der Partei, die bei diesem Thema als besonders kompetent wahrgenommen wird. In der Politikwissenschaft firmiert dieser Zusammenhang unter dem Begriff "issue ownership". Dramatische Beispiele für Issue-Ownership-Effekte sind etwa die Zunahme um zehn Prozentpunkte für die deutschen Grünen im ersten Monat nach der Reaktorkatastrophe im Atomkraftwerk Fukushima im Frühjahr 2010 oder auch der Zuwachs von acht bis neun Prozentpunkten für die FPÖ seit dem Erstarken der Flüchtlingsbewegungen im Sommer 2015.

Beim Thema Bildung können wir uns wohl nicht dermaßen starke Auswirkungen auf die politische Großwetterlage erhoffen. Dennoch bietet das Thema für eine Partei einen klaren Vorteil. Wie die dritte Grafik zeigt, sieht eine relative Mehrheit (36 Prozent) die SPÖ als die Partei mit der besten Schulpolitik, nur zehn Prozent attestieren ihr die schlechtesten inhaltlichen Vorschläge zu dem Thema.

Bei den anderen Parteien halten sich Positiv- und Negativnennungen einigermaßen die Waage – bei der FPÖ überwiegen Letztere. Da die Befragung vor der Nationalratswahl 2013 durchgeführt wurde, waren die Neos, die stark auf das Bildungsthema setzen, noch nicht als Option enthalten. Ein großer Teil der Befragten nennt auch "keine Partei" bzw. "weiß nicht" als Antwort.

Für die SPÖ bietet das Thema Bildung also eine Chance. Die gestiegene Unzufriedenheit verlangt nach Reformen, das Thema hat zunehmend Konjunktur, und die Partei verfügt über die besten Kompetenzwerte. Aber natürlich ist der Parteienwettbewerb immer in Bewegung – die anderen Parteien werden also das ihre dazu beitragen, der SPÖ ihren Startvorteil beim Bildungsthema streitig zu machen. (Laurenz Ennser-Jedenastik, 25.10.2016)