Auch das mag heikles Terrain sein: Der SLK galt gemeinhin als Frauenauto, was nur als Kompliment an die Frauen und an das Auto zu verstehen ist. Der SLK war ein erfolgreiches Modell, er wurde seit seiner Markteinführung 1996 mehr als 670.000-mal verkauft. Das gibt den Frauen und Mercedes einmal grundlegend recht. Dass Frauen gerne SLK fahren, mag auch daran liegen, dass er nicht nur optisch ein äußerst attraktiver Sportwagen ist, sondern von den Abmessungen her recht kompakt und bewegsam ist – und Frauen im Allgemeinen keinerlei Krücken oder Prothesen automobiler Form brauchen, um irgendwelche Anwandlungen von Selbstzweifel in der Außenwahrnehmung zu überbrücken.

Das Coupé als Roadster: Der AMG SLC 43 ist der kompakte Mercedes-Sportwagen, er schmückt die geneigte Fahrerschaft offen wie geschlossen. Leistung ist nicht alles, aber durchaus vorhanden.
Foto: Daimler

Jetzt wurde mit der Modellpflege der SLK zum SLC, ein kompakter Roadster mit breitem Motorenangebot, von 156 PS bis 367 PS. Wir fassten das fette Teil aus, jenes mit 367 PS, den AMG SLC 43: V6 Biturbo, drei Liter Hubraum. Also wäre Madame mehr als ausreichend motorisiert. Wir gestalteten mit dem SLC allerdings einen Männerausflug, eigentlich einen Familienausflug, Sohn und Vater, sehr reduziert, mehr Familie geht in einen solchen Wagen ja nicht hinein.

Lange Haube, kräftiges Heck

Zuallererst bewunderten wir ausgiebig den auffallenden Kühlergrill, der sich Diamantgrill nennt und in Chrom ausgeführt ist. Die Farbe der Lamellen ist in Hochglanzschwarz gehalten, insgesamt präsentiert sich hier eine recht verspielte Vorderansicht. Der Gang ums Auto: eine langgezogene Motorhaube mit zurückgesetztem Passagierabteil, ein kurzes, kräftiges Heck. Das Dach (wenn es zu ist) ist geschwungen, die Bordkante leicht ansteigend, die Radläufe zeigen gut modellierte Muskeln, nicht Bodybuilder, mehr athletisch. Die Heckleuchten sind schmal, fast zierlich und horizontal gegliedert, der Kofferraumdeckel ist gepfeilt, in der Mitte sitzt an der Abrisskante die dritte Heckleuchte.

Wer den Wagen einmal umrundet hat, wird sich ratlos fragen: Wo ist der Roadster? Hier steht ein selbstbewusstes Coupé. Es ist ein sogenanntes Variodach, das sich per Knopfdruck elektrohydraulisch im Kofferraum zusammenfaltet. Im geschlossenen Zustand sind keinerlei Eintrübungen hinzunehmen, der Wagen ist allwetterfest und im Innenraum entsprechend leise. Das Dach lässt sich übrigens auch in Fahrt bis zu einer Geschwindigkeit von 40 km/h öffnen und schließen. Neu – und praktisch – ist die automatische Restkofferraumabtrennung für den zusätzlichen Platz, den das Dach dort benötigt.

Selbstbewusster Sechszylinder

Der Sechszylinder meldet sich beim Anstarten recht selbstbewusst zu Wort – damit keine Missverständnisse aufkommen. Während der alte SLK noch mit einem wuchtigen V8-Saugmotor daherkam, geht es der AMG SLC etwas bescheidener an, was sich aber nicht unbedingt in der Performance bemerkbar macht – sehr wohl aber im Verbrauch: Knapp acht Liter stehen auf dem Papier, das ist freilich ein theoretischer Wert. Bei moderater Fahrweise sind eher zehn Liter zu erwarten, wer die Leistung aus dem Motor kitzelt und die Tasten für den Sportmodus bemüht, wird einen entsprechend höheren Spritkonsum verbuchen.

TECHNIK
Preis: 69.390 € O V6-Zylinder Biturbo Benziner O Hubraum 2996 cm³ O Leistung: 270 kW (367 PS) O
Drehmoment: 529 Nm (2000-4200/min) O Beschleunigung: 4,7 sec 0-100 km/h O Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h O
Getriebe: 9-Gang-Automatik O Antrieb: Hinterrad
Foto: Daimler

Der Sportmodus dient ja nicht bloß der beschleunigten Fahrweise, das auch, sondern baut zudem einen recht üppigen Klang auf, den der SLC als opulente Kulisse mit sich führt. Prinzipiell gibt es fünf Fahrprogramme: Comfort, Sport, Sport plus, Eco und Individual, da findet jeder den passenden Modus für die Laune, die Umstände und Eiligkeit. Während der SLC in Comfort und Eco auch soundmäßig recht dezent daherkommt und cool durch die Straßen cruist, steigt der Geräuschpegel im Sportmodus. Der AMG hat passend zur Leistung auch eine dementsprechende Abgasablage, und hier lässt sich über zwei verstellbare Abgasklappen auch der Sound dem Fahrprogramm anpassen, Gurgeln, Brabbern und Röhren inklusive. Selbst beim Dahingleiten brabbert es hörbar, wenn auch nicht penetrant, aber wehe, der Fahrer, die Fahrerin legt einen Zahn zu. Dann gibt's für alle Beteiligten was auf die Ohren. Sollte also jemand testen, ob die Beschleunigung von null auf hundert tatsächlich in 4,7 Sekunden zu bewerkstelligen ist, und das ist sie, dann findet das akustisch durchaus Niederschlag.

Unglaublich schnell

Dem kommt das Getriebe entgegen: Das automatische 9-Gang-Getriebe schiebt beim Zurückschalten Zwischengas ein. Der Gangwechsel erfolgt sowohl automatisch als auch beim manuellen Eingriff unglaublich schnell.

Das serienmäßige Sportfahrwerk sollte auch für einen Ausflug auf die Rennstrecke passen, es ist sehr präzise, ohne durch übertriebene Härte den Fahrkomfort im Alltag einzuschränken. Für die Hobbyrennfahrer gibt es optional ein Sportfahrwerk namens AMG Ride Control, das auf hohe Querbeschleunigung und reduzierte Wankneigung ausgelegt ist. Wir aber cruisten gemütlich durch die Kellergassen des Weinviertels, lauschten dem Echo nach und waren ganz männlich sanft im SLC, in dem jede und jeder eine gute Figur machen kann, am Auto liegt es ganz bestimmt nicht. (Michael Völker, 30.10.2016)