Die Königswarte.

Foto: STANDARD/Markus Sulzbacher

Ein 22,70 Meter hoher Aussichtsturm direkt neben einer von der National Security Agency (NSA) genutzten Abhörstation, sowas gibt es wohl nur in Österreich. Genauer gesagt, steht der 2001 errichtete Turm auf der Königswarte bei Hainburg, dem östlichsten Berg Österreichs – unmittelbar an der Grenze zur Slowakei. Der Holzturm bietet einen wunderbaren Ausblick, der weit über den ehemaligen Eisernen Vorhang reicht und eben auf die vom Bundesheer betriebene Abhörstation Königswarte.

Die Finanzierung übernahmen die USA

Die mit Antennen unterschiedlicher Größe gespickte Anlage steht seit Jahrzehnten für den äußerst schlampigen Umgang Österreichs mit seiner Neutralität. Die Abhörstation wurde in den 1950iger Jahren errichtet, die Finanzierung übernahmen damals die USA. Dies belegen dem WebStandard vorliegende US-Dokumente aus dem Jahr 1960.

Von mehreren Bundesheer-Horchstationen in Österreich dürfte die Königswarte die am besten und modernsten ausgestattete sein. Es ist anzunehmen, dass sie ein Mitgrund dafür ist, warum Österreich, wie aus Dokumenten aus dem Snowden-Fundus hervorgeht, als privilegierter Tier-B-Partner der NSA geführt wird. Eine Einstufung, die daneben nur NATO-Partner erhalten haben.

Der Aussichtsturm und die von der NSA genutzten Abhörstation auf der Königswarte.
Foto: STANDARD/Markus Sulzbacher
Eine Kostenaufstellung der US-Amerikaner zum Bau der Königswarte. Baubeginn war 1958.

Während des Kalten Krieges horchte man auf der Königswarte den Telefon- und Funkverkehr im Ostblock und auf dem Balkan ab. Hauptaugenmerk wurde auf die Einsatzfähigkeit der östlichen Radarstationen gelegt – für die USA im Falle eines bewaffneten Konflikts eine fundamental wichtige Information. Für Österreich waren die gewonnen Erkenntnisse nur von beschränktem Wert, da das Bundesheer den verschlüsselten Funk nicht selbst knacken konnte. So wurden die Aufnahmen regelmäßig an US-Geheimdienste, wie der NSA, weitergereicht.

"Betreut" wird die Königswarte vom Heeresnachrichtenamt (HNaA), dem Auslandsgeheimdienst des Bundesheeres, der seit Jahrzehnten mit der NSA zusammenarbeitet.

"Die Königswarte war zur Zeit des Kalten Krieges ein Vorposten der Amerikaner."

Im Zuge der Enthüllungen von Edward Snowden sorgte die Abhöranlage mehrmals für Schlagzeilen. Als Reaktion auf die Berichte bestätigte Michael Bauer, der Sprecher des Verteidigungsministeriums, gegenüber der Presse: "Die Königswarte war zur Zeit des Kalten Krieges ein Vorposten der Amerikaner. Sie haben die Anlage finanziell unterstützt."

Zur Erinnerung, im Neutralitätsgesetz ist zu lesen, Österreich wird die "Errichtung militärischer Stützpunkte fremder Staaten auf seinem Gebiete nicht zulassen."

"Betreut" wird die Königswarte vom Heeresnachrichtenamt.
Foto: Sulzbacher

Mittlerweile wurde die Königswarte für neue Aufgaben fit gemacht. Ihre Überwachungsanlagen nehmen nun Kommunikationssatelliten ins Visier. Die notwenige technische Ausrüstung dafür soll von den Amerikanern zur Verfügung gestellt worden sein. Entsprechende Nachfragen will das Bundesheer nicht beantworten. Allerdings ist es eine weltweite Praxis der NSA Hard- und Software an befreundete Staaten zu liefern und dafür die gewonnen Daten nutzen zu können.

Zusammenarbeit im Bereich SIGINT

Hinweise darauf findet man auch in den Unterlagen der NSA, die aus dem Fundus von Edward Snowden stammen. Diese belegen eine Zusammenarbeit im Bereich SIGINT, also der Funkaufklärung, mit Österreich. Darin wird Österreich als "Third Party SIGINT-Partner" bezeichnet. Der ORF-Journalist Erich Möchel berichtete vor zwei Jahren, dass der Lauschposten primär zivile Satelliten ins Visier nimmt. Von besonderem Interesse sind dabei Datendienste oder Internetzugänge, die via Satellit ermöglicht werden. (Markus Sulzbacher, 26.10. 2016)