Das Metcha Matcha heißt zwar nach dem klassisch japanischen, grünen Pulvertee, die Küche aber orientiert sich eher an dem, was man in Japan zum After-Work-Bier bestellt. Kobachi heißen diese an fernöstliche Tapas erinnernden salzigen Kleinigkeiten, mit denen sich der Durst auf das nächste Glas anheizen lässt. Wer mag, kann sie im Metcha Matcha freilich auch zu geeisten Milkshakes vom Grüntee bestellen oder, in Japan nicht minder beliebt, zu zitrusfruchtigem Yuzu-Aufguss (Yuzu-Cha). Sapporo, Kirin, Asahi oder Gösser gibt es aber schon auch.
Betreiberin Mari Wanzel ist Japanerin und lernte ihren Mann Christoph in Schanghai kennen, wo der Wiener bei einem Werbegiganten als Art Director werkte. Nach dem Umzug nach Tokio widmete der Designer sich der Renovierung kleiner Einfamilienhäuser, da ließ er stets auch europäische Ideen von Wohnkultur einfließen.
Selbst geschnitzt
Mit dem Lokal in Wien gehen die beiden den umgekehrten Weg – authentisch japanische Gastlichkeit, Gastronomie und Formgefühl sollen den Wienern nahegebracht werden. Christoph Wanzel hat das Lokal mit den japonisierenden Hochtischen samt kunstvoll zusammengefügten Regalen selbst entworfen und bis hin zu den Deckblättern der Speisekarten und Motiven auf den Tabletts gestaltet. Auch den Holzschnitt für das Lokallogo, das für die Gestaltung der Speisekarteneinbände verwendet wurde (und prominent beim Eingang hängt), hat er selbst gezeichnet und geschnitzt. Sehr charmant, das alles.
Auf den Regalen sind – so erklärt sich auch der Name des Lokals – vielgestaltige, antike Matcha-Schalen japanischer Keramikmeister ausgestellt, die allesamt zu kaufen sind. Auch die kolorierten Holzschnitte ("Moku-hanga") an den Wänden kann man erwerben, ebenso die historischen Sonnenschirme ("Nodate-gasa") an der Decke. Das war schon im ersten Metcha Matcha, dem mittlerweile verkauften und als Matcha Komachi von Chinesen weitergeführten Lokal in der Operngasse so.
Im Gegensatz zu diesem wurde hier aber an eine echte Küche gedacht, wodurch das Speisenangebot deutlich erweitert werden konnte. Was man sich unter den zahllosen Kleinigkeiten auf keinen Fall entgehen lassen sollte, sind Korokke vom Kürbis – derart hyperknusprige Kroketten, die beim Anbiss ihre Fülle auf so flauschige Art preisgeben, will man ab jetzt dauernd zum Bier knabbern. Die süßsaure BBQ-Sauce dazu mag explizit ordinär sein, sie passt aber ganz wunderbar in den Kontext.
Frittierter Schmelz
Auch sehr gut: Nasu Dengaku, die klassisch mit Misopaste eingelassenen, zu fantastischem Schmelz frittierten Melanzani, der knackige Salat aus Erdäpfel- und Karottenjulienne ("Kimpira") oder Natto Tofu, dessen wild fermentierter Geschmack die Papillen in bewährter Weise auf Alarmstufe rot schalten lässt.
Die meisten Gäste aber entscheiden sich von vorneherein für eine der Teishoku-Varianten , wie die für den In-House-Verzehr bestimmten Sets nach Art der Bento-Boxen genannt werden. Da sind automatisch mehrere Kobachi dabei, aber auch ein Hauptgericht mit Reis.
Die Variante mit Teriyaki-Lachs schnitt dabei besser ab als ein eher schlaffes Ragout von der Hendlkeule. Noch besser und nur wenig teurer: Nach den Kleinigkeiten einen Topf voll dicker, wundervoll schlotziger Udon-Nudeln (siehe Bild) schlürfen. Die kommen hier nämlich in einem Dashi-Fond zu Tisch, der im Vergleich zu anderen Wien-Japanern ungleich umami-satter mit Katsuobushi (Flocken vom luftgetrockneten Bonito) angereichert ist. Und die machen bekanntlich süchtig. (Severin Corti, RONDO, 28.10.2016)