Landesrätin Beate Palfrader bei ihrer Rede vor dem Befreiungsdenkmal am Innsbrucker Eduard-Wallnöfer-Platz.

Foto: Land Tirol/Sax

Die Klubobleute der SPÖ, der Grünen und von Impuls Tirol öffnen zusammen mit Landesrätin Palfrader die Wappengitter des Befreiungsdenkmals.

Foto: Land Tirol/Sax

Innsbruck – "Pro Libertate Austriae Mortuis" – Den für die Freiheit Österreichs Gestorbenen, prangt es in bleiernen Lettern auf dem Befreiungsdenkmal am Innsbrucker Eduard-Wallnöfer-Platz. Das, zugegeben hässliche, Siegestor war 1948 ein Geschenk der französischen Militärregierung an die Tiroler. Es soll an jene Einheimischen und alliierten Soldaten erinnern, die für die Befreiung Tirols vom Nationalsozialismus umgekommen sind. Es wurde direkt gegenüber dem einstigen Gauhaus errichtet, das noch heute als Landhaus genutzt wird. Ein typisch faschistischer Bau, dessen Eingangsbereich stark an die Berliner Reichskanzlei der Nationalsozialisten erinnert. Das Denkmal spiegelt diese Fassade bewusst wider und steht ihr symbolisch gegenüber. Obenauf ein riesiger Tiroler Adler aus Kupfer.

Franzosen- statt Befreiungsdenkmal

Das französische Geschenk stieß jedoch seit jeher auf wenig Gegenliebe. So kam es nie zu einer offiziellen Einweihung oder Übergabe. Der Gedanke, allein Widerstandskämpfer und Alliierte zu ehren, missfiel. Im Volksmund wird das Monument bis heute etwas abschätzig "Franzosendenkmal" genannt. Auch in Tirol war die vorherrschende Erinnerungskultur schon damals jene, dass alle Soldaten gleichermaßen als Opfer des Krieges zu betrauern seien. Egal, auf welcher Seite sie gekämpft hatten. Das Denkmal wurde von vielen als Siegessymbol der Besatzer interpretiert.

Katholischer Schleier über das Gedenken

Die Freiräume zwischen den Pfeilern des Denkmals sind mit riesigen Gittern versperrt. Bei der Ausgestaltung ließen die Franzosen den Tirolern viel Spielraum und so kam es, dass die Gitter die Wappen der neun österreichischen Bundesländer enthalten – als Symbol für die Untrennbarkeit der wiedergeborenen Nation. Allerdings entschied man sich seitens der Tiroler für eine Anordnung der Wappen in Kreuzform – auch die einzig in Latein gehaltene Inschrift geht übrigens auf Initiative der Tiroler zurück. Damit wurde das Monument für den Widerstand gegen die Nationalsozialisten unter katholische Symbolik gestellt. Der Terror des Ständestaates vor 1938 und der Widerstand gegen das NS-Regime wurden damit religiös übertüncht.

Nie eingeweiht, dafür neu gestaltet

Nie eingeweiht oder offiziell übergeben, blieb das Denkmal über Jahrzehnte unbeachtet. Das Schattendasein hängt auch damit zusammen, dass der Platz vor dem Tiroler Landhaus bis zur Neugestaltung 2011 eine unschöne Mischung aus Parkplatz und Hundeklo darstellte. Ein Unort inmitten Innsbrucks. Erst mit der Neugestaltung durch die ARGE LAAC/Stiefel Kramer/Christopher Grüner, einer Gruppe von Architekten und Künstlern, rückte die Botschaft des Monuments wieder in den Fokus.

Der Entwurf der ARGE sah vor, den Platz als begehbare Plastik gänzlich neu zu gestalten und im Zuge dessen auch das Befreiungsdenkmal in seiner ursprünglichen Intention wieder hervorzuheben. Der Innsbrucker Künstler Christopher Grüner brachte an den beiden Schmalseiten die Namen jener 116 Tirolerinnen und Tiroler an, die im Widerstand gegen die Nationalsozialisten umgekommen waren. Darüber steht der ins Deutsche übersetzte Schriftzug: Den für die Freiheit Österreichs Gestorbenen. Zudem regte die ARGE an, die Gitter zwischen den Pfeilern künftig zu öffnen. Wodurch das Kreuzsymbol verschwunden wäre.

Der unwürdige Festakt

Doch das offizielle Tirol hatte keine rechte Freude mit dieser Idee. Vor allem der ehemalige Landeshauptmann und nunmehrige Landtagspräsident Herwig van Staa (ÖVP) setzte sich dafür ein, die Öffnung wieder rückgängig zu machen. Und so wurden die Gitter auf Geheiß der für die Liegenschaftsverwaltung zuständigen Landesrätin Patrizia Zoller-Frischauf (ÖVP) alsbald wieder geschlossen.

Es bedurfte weiterer Jahre des Zuwartens und Diskutierens bis man sich im Zuge einer hitzigen Landtagsdebatte dazu durchringen konnte, die Gitter nun doch wieder zu öffnen. Zudem brachte Künstler Grüner weitere Namen von Widerstandskämpfern, die Historiker recherchiert hatten, am Denkmal an. Und er ergänzte auf der Südseite des Monuments die Übersetzung der lateinischen Inschrift der Nordseite in die Sprachen der Alliierten – Englisch, Russisch und Französisch. Somit ist nun erstmals klar ersichtlich, wem dieses Monument gedenken soll.

Am späten Dienstagnachmittag war es endlich soweit. Im Nieselregen inmitten der laufenden Aufbauarbeiten für die Feierlichkeiten am heutigen Nationalfeiertag, versammelten sich politische Würdenträger und Angehörige von getöteten Widerstandkämpfern. Kulturlandesrätin Beate Palfrader (ÖVP) hielt eine Rede, in der sie die Veränderungen am Denkmal erklärte. Die Gitter, so der Landtagsbeschluss, würden nun jährlich sieben Mal geöffnet. Jeweils gut drei Wochen lang rund um historisch wichtige Tage, wie etwa die Übergabe Tirols an das Haus Habsburg am 26. Jänner 1363 oder eben auch am Nationalfeiertag. "Mit der Öffnung der Wappengitter verleihen wir nicht nur dem Bauwerk Durchlässigkeit, sondern setzen bewusst ein Zeichen einer offenen Gesellschaft. Denn die Offenheit unserer Gesellschaft ist wesentliche Bedingung unserer Freiheit", sagte Palfrader. Allerdings sei die Öffnung eben kein Normalzustand. Wie recht sie damit hat, bewiesen ihre Parteikollegen im Rahmen des wenig festlichen Aktes.

Wortkarge und abwesende Honoratioren

Landeshauptmann Günther Platter blieb der Öffnung, die eigentlich ja nur eine Wiedereröffnung war, fern. Er wartete im Landhaus, wo direkt im Anschluss die Verleihung des Tiroler Adler Ordens stattfand. Auch beim großen österreichischen Zapfenstreich des Bundesheeres, der den Abschluss des Fest-Reigens bildete, war er selbstredend dabei. Landtagspräsident Herwig van Staa war zwar bei der Öffnung anwesend, weigerte sich jedoch, daran aktiv teilzunehmen. Während Palfrader mit den Klubobleuten der Grünen, der SPÖ und Impuls Tirol die Wappengitter gemeinsam öffnete, blieb van Staa zusammen mit dem Klubobmann der FPÖ im überdachten Eingangsbereich des Landhauses. Darauf angesprochen gab er sich wortkarg. Hier werde ein Beschluss des Landtages vollzogen. Mit seiner Anwesenheit bekunde er, dass er dies akzeptiere. Auch Zoller-Frischauf, die die Tore 2013 wieder schließen ließ, war wenig auskunftsfreudig: "Die Sache ist gegessen. Wir haben sie damals wieder geschlossen, weil das schon immer so war." Mehr sei dazu nicht zu sagen.

Künstler Grüner bedankte sich bei Landesrätin Palfrader, weil sie offenbar gegen Widerstand aus den eigenen Parteireihen immer hinter dem Akt stand. Auch wenn er und Historiker Horst Schreiber, der die Geschichte des Denkmals und der NS-Opfer in einem von der Landesregierung geförderten Buch aufgearbeitet hat, sich einen festlicheren Rahmen für die Angehörigen der Widerstandskämpfer gewünscht hätten. Grüner sieht den nunmehr acht Jahre dauernden Prozess, den Platz vor dem Tiroler Landhaus umzugestalten, aber noch nicht als beendet an: "Es ist ein politischer Platz, der jahrzehntelang verwahrlost war."

Idee eines Festaktes am 8. Mai 2017

Er habe Landeshauptmann Platter schon vor Monaten vorgeschlagen, das Befreiungsdenkmal zum Mittelpunkt eines großen Festaktes zu machen. "Man könnte dazu die Botschafter der Alliierten einladen und die Angehörigen der Opfer." Es wäre ein starkes Zeichen gegen den Narrativ all jener, die die Befreiung vom Nationalsozialismus bis heute nicht als solche anerkennen wollen, sagt auch Historiker Schreiber: "Es gibt in Österreich nicht viele Denkmäler, die die Befreiung vom Nationalsozialismus so eindeutig als Botschaft tragen. Innsbruck und Tirol könnten sich doch eigentlich damit brüsten." Am 8. Mai 2017 wäre die ideale Gelegenheit für einen solchen Festakt. Vielleicht wäre dann auch ein Bundespräsident Norbert Hofer als Ehrengast mit dabei, der denkt, dieses Datum sei "kein Tag der Freude". Warum es heute noch so schwer zu sein scheint, sich über die Befreiung zu freuen und jene Helden zu ehren, die dafür verantwortlich waren, erklärte vielleicht Georg Danzer am besten, als er sang: "Die Freiheit ist ein wundersames Tier und manche Menschen haben Angst vor ihr." (Steffen Arora, 26.10.2016)