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Der Kreml fordert vom sozialen Netzwerk Linkedin, offenzulegen, inwieweit der Konzern dem russischen Gesetz über die Lokalisierung der Personendaten nach Russland folgt.

Foto: REUTERS/Robert Galbraith

Das soziale Netzwerk Linkedin könnte in Russland demnächst nicht mehr erreichbar sein. Das Moskauer Stadtgericht soll am 10. November über einen entsprechenden Antrag der Telekom-Aufsichtsbehörde Roskomnadsor entscheiden.

"Die Geschichte ist völlig einfach. Wir reagieren nur auf Medienberichte, die das Problem der Datensicherheit russischer Bürger beleuchten", sagt Behördensprecher Wadim Ampelonski. Seit 2010 sei Linkedin in mehrere größere Skandale verwickelt gewesen, bei denen persönliche Daten von Nutzern an die Öffentlichkeit gelangten. Darum habe seine Behörde im Sommer in zwei Briefen Linkedin aufgefordert offenzulegen, inwieweit der Konzern dem russischen Gesetz über die Lokalisierung der Personendaten nach Russland gefolgt sei. Eine befriedigende Antwort habe das Amt aber nicht bekommen.

Linkedin auf schwarzer Liste

Bereits im August hatte die Behörde Linkedin daraufhin per Gerichtsbeschluss auf die schwarze Liste von Unternehmen gesetzt, die gegen die Datensicherheit verstoßen. Der Konzern, mit 400 Millionen registrierten Nutzern weltweit – davon 2,6 Millionen in Russland – die größte webbasierte Plattform für Geschäftskontakte, war in Berufung gegangen. Nun entscheidet das Moskauer Stadtgericht, aber wahrscheinlich noch nicht in letzter Instanz. "Sie können bis zum obersten Gericht gehen, aber wenn die Entscheidung in Kraft tritt, werden wir sie in das entsprechende Register aufnehmen und die Provider über die nötige Blockierung informieren", sagt Ampelonski.

Ein Linkedin-Sprecher erklärt, das Unternehmen sei wegen der Frage einer Verlegung der Server nach Russland in Kontakt mit der Behörde. Einen Termin für eine konkrete Absprache gebe es aber noch nicht.

Sollte Linkedin blockiert werden, träfe das ausländische IT-Unternehmen, die auf der Suche nach russischen Spezialisten sind, glaubt die Leiterin der Personalvermittlungsagentur Pruffi, Aljona Wladimirskaja. Konzerne wie Microsoft und Uber hätten es dann schwerer, Personal in Russland zu finden.

Personendaten müssen auf russische Server

Mit der Begründung des Datenschutzes fordert der Kreml seit vergangenem Jahr von internationalen, aber in Russland tätigen Konzernen eine Verlagerung von Personendaten russischer Kunden auf russische Server. Wer dem nicht folgt, muss mit einem Rauswurf aus dem sogenannten Ru-Net rechnen. Zugleich hat die Duma dem Geheimdienst weitreichende Vollmachten zur Überwachung des Internetverkehrs in Russland eingeräumt.

Blockiert werden auch andere Seiten. Neben einem verschärften Vorgehen gegen Seiten mit jugendgefährdendem Inhalt wird dabei auch politisch zensuriert. So wurden zahlreiche Blogs russischer Oppositioneller abgeschaltet, daneben traf es eine Reihe russischsprachiger Nachrichtenseiten aus der Ukraine.

Getroffen hat es auch die populäre Web-Enzyklopädie Wikipedia. Wegen eines Artikels über Haschisch wurde die Seite im vergangenen Jahr zeitweise gesperrt, da sie damit zur Verbreitung von Drogen beitrage. Nachdem die russische Drogenaufsichtsbehörde aber keine Beanstandungen an dem betreffenden Artikel hatte, nahm die die Telekomaufsicht Wikipedia kurz darauf wieder von der schwarzen Liste. (André Ballin, 27.10.2016)