"The Bride Project" von Lonesome George: Im Fokus der Performance steht die Rolle der Braut, deren einzige Aufgabe es ist, Ja zu sagen.

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"Ist das Paradies schon privatisiert?", fragen Les Reines Prochaines.

Foto: Les Reines Prochaines

Zu guter Letzt wird dann doch noch die Welt gerettet: Bernadette La Hengst.

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"Love Me Gender. Performing Feminisms" heißt das Festival, das von 3. bis 26. November im Wiener Kosmostheater stattfinden wird. Der Plural im Titel steht da nicht zufällig. Barbara Klein, Theaterdirektorin und Festivalkuratorin, erklärt: "Inhaltlich geht es uns vor allem um die Verschiedenheit feministischer Ansätze, die Unterschiedlichkeit der Denkschulen und Interpretationen und um die unendlichen Möglichkeiten an künstlerischer Ausdruckskraft in diesem Spektrum." Daraus ergebe sich auch eine formale und ästhetische Vielfalt. "Love Me Gender" ist interdisziplinär und umfasst Gender Politics, Philosophie, Forschung über zeitgenössischen Tanz, Klangräume, Musik, visuelle Kunst, semidokumentarisches Theater und Installationen.

Privatisiertes Paradies

Les Reines Prochaines (CH) befragen in ihrer neuen Musikperformance "Fremde Torten im falschen Paradies" sich und das Publikum zum Thema Überfluss: "Ist das Paradies schon privatisiert? Gehört einem Waldbesitzer folglich auch der Waldbrand?" Eine Uraufführung ist die Soloperformance "Maha Karuna oder We are NOT part of my Liebesleben" von Katrin Grumeth vom Theater Kreisquadratur (A), die sich mit Selbstaufopferung und Vereinzelung beschäftigt. Einen literarischen Monolog nach Kafkas "Prozess" bringt die Regisseurin Ute Liepold auf die Bühne: Sie zwingt die Schauspielerin Katrin Ackerl Konstantin in eine Konfrontation mit sich selbst in Videobildern.

Die Braut, die sich traut

"The Bride Project" von Lonesome George, das sind Sina Heiss (A), Gabrielle Sinclair (USA) und Lisa Coinus (FRA), entwickelte in zweijähriger experimenteller Zusammenarbeit ein interkontinentales Stück zum Thema Frau sein. In öffentlichen Aktionen wurde der Stoff erprobt, die Reaktionen des Publikums eingebaut. Fokus der Performance ist die Rolle der Braut, deren einzige Aufgabe es ist, Ja zu sagen. Inspiriert von Aischylos' Danaidentriologie, spielt ein Chor von Frauen alle Rollen im Stück: Männer, Bräute, schmierige Könige. Die Bräute, die sich trauen, Nein zu sagen, landen in der Hölle. Gibt es einen Ausweg?

Provokative Verbindungen zwischen Nation und Schönheitskult, Krieg und Mutterschaft, plastischer Chirurgie und Identität findet das österreichisch-norwegische Duo Rohn/Waersted in seiner Live-Art-Performance "Collateral Damage": der weibliche Körper als Schlachtfeld. "Eisklares Echo" ist ein Musikprojekt von Mia von Matt und Reto Pulfer (D). "Anti-forward (2016)" ist ihre Musikinstallation aus Loops, Echos, Delays mit Keyboard, Gitarre, Kalimba und Stimme.

Geheimnisse des Mannseins

Die New Yorker Performancekünstlerin Diane Torr ist Mittelpunkt der Doku "Man for a Day" von Katarina Peters (D), die einen ihrer legendären Workshops begleitet, in denen sich Frauen mit den Geheimnissen des Mannseins vertraut machen. Der geplante Artist Talk mit Diane Torr und die Vorstellung "Donald Does Dusty" mussten krankheitsbedingt abgesagt werden. Zu guter Letzt wird dann doch noch die Welt gerettet: Bernadette La Hengst (D) mischt in ihrem Konzert "Save the World with this Melody" Funk, Pop und Krautbeat und stimmt ein auf die Closing Party mit DJ Mila.

Ob es so etwas wie einen kleinsten gemeinsamen Nenner in all dieser Programmvielfalt gibt? "Gemeinsam sind den Performances die vorrangig feministisch-dekonstruktivistischen Ansätze und darüber hinaus Fragen nach den eigenen, den weiblichen Anteilen an den bestehenden Ungleichverhältnissen", sagt Festivalkuratorin Klein. Und eine Prise Humor: "Als ehemalige Kabarettistin kann ich nachvollziehen, wie heilsam und energiespendend subversiver Witz sich anfühlt angesichts der Notwendigkeit permanenter Wiederholung bezüglich Geschlechtersymmetrie und der zahlreichen Rückschläge, die wir täglich erfahren. 'Zurück an den Start' haben wir schon so oft erlebt, dass es zum Lachen ist, oder?" fragt Klein. (Tanja Paar, 2.11.2016)