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Die Vereinbarkeit von Job und Familie und eine männlich geprägte Unternehmenskultur verhindern oftmals den Aufstieg in Top-Positionen.

Foto: dpa-Jan-Philipp Strobel

Der Anteil der Frauen mit Hochschulabschluss steigt stetig und liegt bereits bei rund 55 Prozent der Hochschulabsolventen. Doch eine aktuelle Studie der Boston Consulting Group (BCG) zeigt: Die Chancen konnten bisher nicht ausreichend genutzt werden. Zwar stieg der Anteil weiblicher Hochschulabsolventen von 1995 bis 2015 signifikant, der Anteil der Frauen in Führungspositionen hingegen nahm kaum zu. Noch immer liegt die Führungsquote der Frauen in Österreich deutlich unter ihrer Absolventenquote.

Frauen übernehmen in Österreich nach wie vor mehrheitlich die Familienarbeit und sind deutlich häufiger in Teilzeit beschäftigt – ohne jemals wieder in die Vollzeitbeschäftigung einzusteigen. Daran ändern auch flexible Arbeitszeitmodelle nichts. Vor allem in der karriererelevanten Altersphase zwischen 30 und 40 Jahren steigt der Anteil von Frauen in Teilzeit massiv und endet in einer "lebenslangen Babypause für Frauen" – 50 Prozent der erwerbstätigen Frauen kehren nicht in die Vollzeitarbeit zurück.

Seltener erwerbstätig

Noch immer sind in Österreich zehn Prozent weniger Frauen erwerbstätig als Männer. Während in der Schweiz 80 Prozent der Frauen erwerbstätig sind, sind es in Österreich und Deutschland nur 70 Prozent. In der gesamten DACH-Region liegt die Differenz zu erwerbstätigen Männern bei rund zehn Prozent. Auch bei höherem Bildungsniveau bleiben 80.000 Frauen zu Hause. Das gelte es zu ändern, denn die Förderung von Frauen zahle sich aus: Mehr Vielfalt in Unternehmen ist Triebkraft für Innovation und trägt zu Steigerung der Bruttowertschöpfung bei.

Mehr Frauen = mehr Wertschöpfung

Eine Steigerung des Frauenanteils in Führungspositionen und stärkere Partizipation von Frauen am Arbeitsmarkt würde sich nicht nur für die Unternehmen positiv auswirken. Auch gesamtwirtschaftlich könnte Österreich profitieren. "Wir haben berechnet, dass die Wertschöpfung um mindestens fünf Prozent steigen könnte, wenn die Potenziale der Frauen auf dem Arbeitsmarkt besser genutzt würden", sagt Sabine Stock, Partnerin bei BCG.

Die bessere Erschließung des weiblichen Arbeitskräftepotenzials kann zu einer Erhöhung der Wertschöpfung von rund 17 Milliarden Euro beitragen. Die BCG-Experten identifizieren dabei wesentliche Hebel für Wachstum: Neben einer Erhöhung der weiblichen Erwerbstätigenquote und der Wochenarbeitszeit sollten Frauen ihrer Qualifizierung entsprechend angemessen eingesetzt werden.

Was sind Hindernisse?

Bereits 2012 identifizierte die BCG Faktoren, die Frauen am Aufstieg hindern: Die Führungskräfte von 36 deutschen Unternehmen sehen eine "männlich geprägte Unternehmenskultur" sowie die "Vereinbarkeit von Beruf und Familie" als zentrale Hindernisse. Zahlreiche Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie waren in Planung, wogegen Maßnahmen zur nachhaltigen Veränderung der Unternehmenskultur noch selten geplant wurden.

Notwendige Maßnahmen

"Frauen in der Wirtschaft sind Innovations- und Wachstumstreiber der Zukunft", sagt Sabine Stock, "Unternehmen sollten rasch handeln und diese Chance nutzen." Dazu müsse sich zunächst die Unternehmenskultur ändern: Unternehmen sollten sich ihre implizite Unternehmenswerte und -normen – als Basis der Unternehmenskultur – bewusst machen, um mögliche Hindernisse für den Aufstieg von Frauen zu verstehen, und den Beitrag aller Mitarbeiter – auch der Frauen – zum Unternehmenserfolg transparent und greifbar machen.

In einem zweiten Schritt müssen Voraussetzungen geschaffen werden, um einen Kulturwandel überhaupt nachhaltig zu ermöglichen. Das beginne bereits bei der Auswahl und Einstellung neuer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und setze sich bei Maßnahmen, um sie verstärkt an das Unternehmen zu binden, fort. Besonders wichtig seien Maßnahmen zur Karriereentwicklung – und dass das Top-Management die Werte vorlebt. (red, 4.11.2016)