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Foto: AP/Alastair Grant

In ihrer eigenen Branche war Gina Miller schon seit längerem unbeliebt: Die Vermögensverwalterin schockierte das Londoner Finanzzentrum 2012, als sie mit ihrem Mann Alan eine Initiative für mehr Transparenz im Sektor gründete. Seither gelte sie als "Schwarze Witwe", teilte die 51-Jährige kürzlich der Financial Times mit.

Im ganzen Land berühmt ist Miller seit Donnerstag: Da stand sie vor dem Londoner High Court und sprach über ihre erfolgreiche Klage gegen die Brexit-Strategie von Premierministerin Theresa May. Sie wolle nicht das Referendum rückgängig machen, betonte Miller und feierte ihren "Sieg für die parlamentarische Demokratie": Volksvertreter dürfen nun mitbestimmen, wann und unter welchen Bedingungen die Regierung den EU-Austritt einleitet. "Wir wollen eine Debatte in unserem souveränen Parlament, für das wir weltweit bewundert werden."

Seither ist die aus Guyana stammende britische Staatsbürgerin aber hässlichen Anfeindungen ausgesetzt. Die rechten Boulevardzeitungen ereiferten sich über die Klage von Angehörigen einer "fremden Elite"; in der Sun erschien Millers Hautfarbe deutlich dunkler als in Wirklichkeit. Fanatische EU-Hasser drohten mit Massenvergewaltigung und Enthauptung. Dagegen erstatteten ihre Anwälte Anzeige, berichtete Miller am Sonntag der BBC: "Wenn es um den Brexit geht, verlieren viele Leute den Verstand."

Miller gehört eindeutig nicht dazu. Vor dem Referendum trat sie noch als EU-Befürworterin auf, mittlerweile sagt sie: "Wir sind alle Brexiteers." Allerdings habe ihre eigene Branche viel zu verlieren, sollte der Zugang zum Binnenmarkt verlorengehen: Durchschnittlich 13 Prozent der Einlagen großer Vermögensverwalter stammen von kontinentaleuropäischen Anlegern, rund zehn Prozent der Beschäftigten sind EU-Ausländer.

Miller hält sich selbst für "ziemlich tough". Die Härte habe sie im englischen Internat gelernt, wohin die Zehnjährige von ihren Eltern geschickt wurde. Ehe sie in die Finanzbranche ging ("männerdominierte Berufe haben mich immer interessiert"), arbeitete Miller als Model und Zimmermädchen. Aus einer früheren Ehe hat sie drei Kinder, darunter eine behinderte Tochter. Angriffe der Boulevardpresse stellen also nicht die erste Bewährungsprobe dar. Allerdings dürfte der Ton heftiger werden, wenn nach dem High Court auch der Supreme Court Miller Recht gibt und May zum Einlenken zwingt. (Sebastian Borger, 7.11.2016)