Wien – Die Warnungen vor dem Ärztemangel seien früh und zahlreich gekommen, meint die Wiener Ärztekammer. Eigentlich sei es "beinahe schon zu spät, dass Sie mir zuhören", sagte Leo Chini von der Wirtschaftsuniversität Wien am Montagvormittag. Denn in den kommenden 13 Jahren geht ein großer Teil der Ärzte in Pension – und es rücken nicht genug nach, warnt die Ärztekammer.

Anderslautende Behauptungen der Politik würden Äpfel und Birnen vergleichen, sagt Wirtschaftswissenschafter Chini: Die oft strapazierte OECD-Statistik nämlich, wonach in Österreich besonders viele Ärzte tätig seien, lasse keinen Vergleich der untersuchten Länder zu – weil etwa in Großbritannien nur die Ärzte im staatlichen Gesundheitsdienst und in Belgien keine Turnusärzte eingerechnet seien. Berücksichtige man diese Faktoren, liege Österreich gerade einmal im Mittelfeld.

Angesichts der wachsenden Bevölkerung müsse man also dringend dafür sorgen, dass der Arztberuf in Österreich attraktiver werde. Immerhin kommen 25 Prozent der Medizinstudenten aus dem Ausland, die meisten würden auch wieder dorthin zurückkehren – und auch die österreichischen Jungmediziner zieht es oft nicht in den Arztberuf.

Wertschätzung per Kampagne

Gegengesteuert werden soll mit besseren Rahmenbedingungen. Dem Wiener Ärztekammerpräsidenten Thomas Szekeres geht es dabei vor allem um Wertschätzung: "Wir wissen, dass Patienten die Ärzte sehr schätzen, bisweilen mehr als die Politiker." Das scheine Letztere zu stören.

Die Missgunst der Politik meint Ärztekammer-Vizepräsident Johannes Steinhart in "bürokratischen Auflagen" zu erkennen, bei denen Leistungen kontrolliert würden, "wo es um ein paar Euro geht". Nach wie vor für Entrüstung auch sorgt das staatliche Mysteryshopping, bei dem Ärzte und Patienten laut Ansicht der Kammer unter "Generalverdacht" gestellt werden. Um die Wertschätzung auch in der Öffentlichkeit zu steigern, plakatiert die Ärztekammer seit dem Wochenende Sujets mit Slogans wie "18 % Fußballer. 100 % Arzt.", die die Leidenschaft der Mediziner betonen soll. (sefe, 7.11.2016)