Prag – Der zunehmend unter Druck stehende tschechische Regierungschef Bohuslav Sobotka hat eine Regierungsumbildung angekündigt. Er werde mehrere Minister seiner Partei austauschen, schrieb der sozialdemokratische Premier laut Medienberichten vom Montag in einem Brief an die Mitglieder seiner ČSSD. Sobotka reagiert damit auf das Debakel der Sozialdemokraten bei den jüngsten Regional- und Senatswahlen.

Knapp ein Jahr vor den nächsten Parlamentswahlen kämpft die ČSSD mit schlechten Umfragewerten. "Wir brauchen neues Blut (...) Einige Kollegen sind müde und brauchen einen Wechsel", erklärte Sobotka in seinem Schreiben. Kritik übte der Regierungschef auch an Parteimitgliedern, denen er zum Teil einen "laxen Ansatz" in Wahlkampf vor den Regionalwahlen vorwarf. Als Parteichef fühle er, die "Verantwortung, die Gründe des Misserfolgs nicht nur zu benennen, sondern auch neue Pfeiler für den Weg der Änderung aufzubauen", so Sobotka.

"Im kommenden Monat"

Die Personaländerungen, die auch die ČSSD-Parteiführung betreffen sollen, würden "im kommenden Monat" durchgeführt, kündigte Sobotka an. Namen von betroffenen Parteikollegen nannte er nicht. Tschechische Medien spekulierten, dass der Minister für Menschenrechte, Jiří Dienstbier, und die Arbeits- und Sozialministerin Michaela Marksová, die stärksten Wackelkandidaten in der sozialdemokratischen Regierungsmannschaft seien. Insgesamt gibt es – außer Sobotka – weitere sieben ČSSD-Mitglieder in dem 17-köpfigen Kabinett.

Sobotka forderte aber auch die Chefs der beiden anderen Koalitionsparteien auf, Änderungen unter ihren Ministern vorzunehmen. Der Chef der populistischen Ano, Finanzminister Andrej Babiš, und der christdemokratische (KDU-CSL) Vizepremier Pavel Bělobrádek winkten aber umgehend ab.

Präsident Miloš Zeman kommentierte Sobotkas Ankündigung mit bissigem Humor. Es gebe einen Witz, wonach ein scheidender Regierungschef seinem Nachfolger drei Umschläge übergibt, die er in schweren Zeiten nach und nach öffnen solle, so Zeman. Im ersten Ratschlag heiße es: "Weise die Schuld für alles mir zu." Im zweiten Brief stehe: "Tausche die Hälfte der Minister aus." Und im dritten Umschlag gebe es die Empfehlung: "Bereite dir drei Umschläge vor." "Anders gesagt, Premier Sobotka öffnet jetzt den zweiten Umschlag", spottete Zeman.

Die sozialdemokratische Partei, der auch Zeman einst angehörte, steht zunehmend unter Druck. In den jüngsten Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Aisa kommt die ČSSD, die bisher stärkste Partei des Landes war, nur mehr auf 15 Prozent. Der populistische Koalitionspartner Ano, der 2013 erstmals zur Wahl antrat, würde derzeit auf 34 Prozent kommen. Die übrigen Parteien folgen abgeschlagen, weshalb die Wahl im kommenden Jahr vor allem als ein Duell zwischen der ČSSD und Ano gilt. (APA, 7.1.2016)