Nach der Krise im Burgtheater will Christian Kircher den Konzern beruhigen und zugleich reformieren.


Foto: Regine Hendrich

Wien – Im Haus Goethegasse 1 ist ein wenig Sturm und Drang eingezogen. Wobei Christian Kircher seine Reformvorhaben nach der überstandenen Burgtheater-Krise stets mit stoischer Ruhe über die Lippen kommen. Unauffällig im Hintergrund will der 52-Jährige arbeiten. Wenn Kulturmanager medial im Vordergrund stünden, so sein Credo, sei nämlich oft etwas nicht in Ordnung.

Seit April leitet Kircher die Bühnen-Holding, bestehend aus Burgtheater, Volksoper, Staatsoper sowie der Servicegesellschaft Art for Art. Das Bürogebäude in der Goethegasse wird derzeit umgebaut. Zur Sanierung der Budgets hat die Holding in der Krise Immobilien verkaufen müssen. Nun stellt man sich neu auf, will das verbliebene Tafelsilber durch höhere Mieteinnahmen vergolden.

"Zwei Meilensteine" seien laut Kircher im letzten halben Jahr bereits gesetzt worden: Erstmals konnten zwischen Ministerium, Holding und Bühnen sogenannte "Ziel- und Leistungsvereinbarungen" für die kommende Spielzeit verhandelt werden. Dabei wurde hart gerungen, so viel ließ Kircher durchblicken. Nun hätten aber alle Akteure mehr Klarheit und Sicherheit über ihre Reformaufgaben. So soll etwa die Auslastung der Ensembles erhoben werden, weiters stehe die Einführung konzerneinheitlicher Compliance-Bestimmungen auf der Agenda.

Budgets bis 2019 gesichert

Als Meilenstein bezeichnet Kircher auch die neue Dreijahresplanung beim Budget. Finanziell hätten die Bühnen somit bis inklusive der Spielzeit 2018/19 Planungssicherheit. Die Verhandlungen darüber seien bereits abgeschlossen. Details will Kircher erst zum Jahresabschluss im Februar 2017 bekanntgeben. Ein paar Frohbotschaften schickt er aber bereits voraus: Die Ticketerlöse seien im letzten Jahr um eine Million Euro gestiegen. Das Kasino am Schwarzenbergplatz (derzeit Burgtheater) soll künftig von allen drei Bühnen genutzt werden können.

Mehr Transparenz und Vergleichbarkeit der Zahlen soll eine Vereinheitlichung im Rechnungswesen bringen. Kircher will einer Rechnungshofempfehlung von 2014 folgen und kaufmännisches Personal aus allen Bühnen direkt ins Büro der Holding verlegen.

Mehr Zentralisierung soll es auch bei der Erhebung von Besucherdaten geben. Das Durchschnittsalter liege derzeit bei Mitte fünfzig, so Kircher. Man wolle daher Maßnahmen setzen, um mehr junge Leute ins Theater zu locken, etwa durch eine Modernisierung des Ticketverkaufs. Die Beteiligung an einer Handy-App wie "Ticketgretchen", die bei den Wiener Bühnen gut funktioniert, wird langfristig ins Auge gefasst.

Als größte Herausforderung sieht Kircher aber die Personalfragen seiner fünfjährigen Amtszeit. So stehen 2019 an der Spitze des Burgtheaters und der Art for Art Personalwechsel an, auch Kirchers Stellvertreter Othmar Stoß steht vor dem Pensionsantritt. Der neue oder alte Staatsoperndirektor (Dominique Meyer bewirbt sich erneut) tritt 2020 sein Amt an. Die Stelle wurde heute ausgeschrieben. Auf eine Findungskommission verzichtet Kulturminister Drozda (SPÖ). Er entscheidet eigenhändig unter Beiziehung der Holding, möglichst noch 2016. (Stefan Weiss, 9.11.2016)