Blanker Beton, weinroter Plüsch, Reben vor dem Haus: Wein & Co am Stephansplatz hat sich frischgemacht.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Die Eiernockerln sind nach dem Originalrezept von Frau Glomser gemacht.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Wenn die auf 800 Quadratmeter erweiterte Stephansplatz-Filiale der "Flagshipstore" von Wein & Co ist, dann sind die Eiernockerl wohl der "Signature Dish" des zugehörigen Restaurants. Sie kommen mit einem Haufen frittierter Zwiebeln zu Tisch, haben einen retrogezuckerten Glashaussalat an der Seite und sind laut Speisekarte nach dem Originalrezept von Frau Glomser gemacht. Außerdem werden sie neben Grammelknödeln und Kärntnernudeln am häufigsten aus der Küche getragen.

Ob die Wirtschafterin eines Geschäftsmannes im Privathaushalt tatsächlich frittierte statt der eigentlich angezeigten Röstzwiebeln auf ihre bissfesten, dottergelben und von cremigem Rührei und Schnittlauch umspielten Nockerln gestreut hätte, muss hinterfragt werden. Das Gericht ist aber auch so sehr gut. Und Frau Glomser ist längst in Pension, nachdem sie über 30 Jahre bei Wein-&-Co-Chef Heinz Kammerer war – womit ihr der Titel der längstdienenden Angestellten des als impulsiv geltenden Unternehmers kaum zu nehmen sein dürfte.

Wienerische Tradition

Die Idee, sich mit der Erweiterung des Geschäfts erstmals von der mediterranen Küche zu verabschieden und hier, in Sichtweite des Steffl-Haupttors, vom Frühstück weg auf wienerische Tradition zu setzen, ist jedenfalls bestechend. Die Touristen wissen ohnehin nicht, wo sie der lokalen Küche noch habhaft werden können, österreichischer Wein ist seit je die am stärksten nachgefragte Produktgruppe bei Wein & Co – und Essen, das irgendwie nach guter alter Zeit schmeckt, steht auch bei lokalen Gästen wieder hoch im Kurs.

Die Portionsgrößen sind – mit Ausreißern nach unten – jedenfalls ordentlich. Es lohnt sich, beim Gedeck aus aufgeschlagenem Grammelschmalz, Wurzelspeck und selbst eingelegtem (aber gar süßem) Sauergemüse Zurückhaltung zu üben. Das Personal wirkt einstweilen noch sehr mit sich selbst beschäftigt, weshalb man selbst darauf achten muss, dass einem neben der Speisekarte auch jene mit den Bar-Snacks gereicht wird.

Da sind mitunter die spannendsten Sachen zu finden: ein famoser Miniziegel vom knusprigen Käse-Chili-Leberkäs samt Wachauer und Pfiff Bier etwa, der um 13 Euro dreist kalkuliert ist, aber als Vorspeise für zwei reicht. Oder Gabelbissen, mit Heringshappen, Wachtelei, viel Paradeisgelee und Mayonnaise, der zwar nach wenigen Tagen von der Karte verschwunden war, dem Vernehmen nach aber nur "überarbeitet" wird. Auch der Wein-&-Co-Dog mit Kalbsbratwürstel, Salzgurke, Kernölmayo und Knusperzwiebeln im Briocheweckerl klingt, als ob man ihn irgendwann (wenn man gerade elf Euro über hat) kosten wolle.

Mayo und Jus

Von der Restaurantkarte überzeugt neben den Eiernockerln die gesurte Kalbszunge auf feinem, beinahe leichtem Mayonnaisesalat – und zwar obwohl sie vor dem Servieren sehr unklassisch in dickem Bratenjus gewälzt wird. Zwiebelrostbraten wird kurz gebraten und mit Zwiebel-Rotwein-Sauce sowie einem weiteren – hier aber pflichtgemäßen – Berg süß frittierter Zwiebeln serviert: nicht schlecht, im Vergleich zum klassisch mit Natursaft gedünsteten Original aber wenig überzeugend.

Das ausgelöste und mit Steinpilz und Semmeln gefüllte Stubenhendl für zwei Personen klingt verlockend, die auf der Karte dafür veranschlagten 30 Minuten Wartezeit waren in der ersten Woche freilich für alle Hauptspeisen einzukalkulieren. Wenn das Radl einmal rennt, könnte das aber zu einem der Hauptgründe werden, hier auf die eine oder andere Flasche vorbeizuschauen. Die kostet im Restaurant (und inklusive einer Flasche Römerquelle) nämlich nur acht Euro mehr als im Keller, wo der neue Shop wartet. (Severin Corti, RONDO, 11.11.2016)