Für Evelyn Zöhrer geben die Gallensäuren eines Patienten Aufschluss über Erkrankungen.

Foto: Zöhrer

Gallensäuren sind im menschlichen Körper dafür zuständig, Fett zu verdauen. Sie werden in der Leber gebildet, gelangen durch die Gallengänge in den Darm, wo sie Fett aufnehmen, und kehren über die Pfortader wieder zurück in die Leber. Dort steht das Fett zur Verfügung, um im Körper verwertet oder gespeichert zu werden. Fachsprachlich wird die Zirkulation enterohepatischer Kreislauf genannt.

Für die Medizin sind die Gallensäuren auch deshalb interessant, weil sie frühzeitig Auskunft über angeborene Gendefekte und Krankheiten geben können. In Zukunft soll die Zusammensetzung und Konzentration der Biomoleküle vielleicht sogar darüber Auskunft geben können, ob eine frisch transplantierte Leber Komplikationen auslösen wird, erklärt Evelyn Zöhrer, die in der Forschungsgruppe von Jörg Jahnel an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde der Medizinischen Universität Graz in diesem Bereich arbeitet.

"Es gibt 15 verschiedene Varianten von Gallensäuren. Je nachdem, wie sich der sogenannte Gallensäurepool eines Patienten zusammensetzt, kann auf bestimmte Krankheiten geschlossen werden", erklärt die Biochemikerin. Im Rahmen ihrer Doktorarbeit hat sie bereits die Gallensäureprofile von kranken und gesunden Kindern verglichen. "Das Profil von Neugeborenen unterscheidet sich klar von Erwachsenen", so Zöhrer. "Mein Ziel war, Normwerte für Babys und Kinder zu definieren, die als Referenzwerte bei der Diagnose von Frühsepsis dienen können."

Zöhrers neues Ziel ist nun, die Gallensäuren nach Lebertransplantationen bei Erwachsenen zu untersuchen. Dabei hilft, dass sie gerade mit einem L'Oreal-Stipendium ausgezeichnet wurde, das in Kooperation mit der Österreichischen Unesco-Kommission und der Akademie der Wissenschaften vergeben und vom Wissenschaftsministerium finanziell unterstützt wird.

Heute ist Standard, dass nach einer Lebertransplantation mit Hilfe einer Biopsie – also der Entnahme von Gewebe – festgestellt wird, wie der Körper auf das neue Organ reagiert. Könnten dagegen die Gallensäuren als Marker für eine mögliche Abstoßung der Leber herangezogen werden, würde für eine Untersuchung ein Tropfen Blut reichen. Damit wäre kein invasiver Eingriff nötig und es kann frühzeitig mit einer Behandlung begonnen werden. "Eine Biopsie wäre eventuell erst dann notwendig, wenn das Gallensäureprofil anzeigt, dass irgendetwas nicht stimmt", so die Forscherin.

Zöhrer, 1988 in der Südsteiermark geboren, studierte zuerst Chemie in Graz. Als sie dabei auf die Fragestellungen der Biochemie traf, machte es "Klick": "Ich fand etwas, das mich faszinierte", blickt sie zurück. "Hier kann ich die Zeit bei der Arbeit vergessen und Stunden damit verbringen, bis eine Antwort gefunden ist, die für mich passt." In ihrer Diplomarbeit arbeitete sie an der Identifikation von Krebszellen im Blut. Seitdem hat sich in ihrem Lebenslauf eine ganze Reihe an Publikationen angesammelt.

Zöhrers Weg in Richtung Forschung startete ursprünglich aber mit einem Chemielehrer, der die Klasse in dem auf Sprachen ausgerichteten Gymnasium für sein Thema faszinieren konnte. "Viele meiner Mitschüler studierten zumindest eine Zeit lang Chemie. Ich bin eine der wenigen, die durchgehalten haben." (pum, 14.11.2016)