Rapid-Präsident Michael Krammer, der neue Trainer Damir Canadi und Wirtschaftsvorstand Christoph Peschek.

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Der Schleudersitz passt wie angegossen.

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Wien/Altach – Die Frage nach der Moral stellte sich nicht wirklich, so ist der Fußball. Rapid hat dem Konkurrenten Altach während der Saison den Trainer genommen. Damir Canadi wiederum konnte nicht anders, ruft Rapid, hebt man ab. Am frühen Freitagnachmittag wurde der 46-jährige Wiener im Allianz-Stadion präsentiert. Für Canadi war es die Ankunft in einer anderen Welt, das beschauliche Vorarlberg ist Geschichte. Das Plus von neun Punkten auf Rapid ist allerdings dort geblieben. Sportvorstand Andreas Müller und Trainer Mike Büskens sind beurlaubt und im Abflug.

"Mit Damir Canadi konnten wir unseren Wunschkandidaten für uns gewinnen, er hat in der Vergangenheit bewiesen, dass er als Trainer über herausragende Qualitäten verfügt", betonte Rapid-Präsident Michael Krammer.

"Vorerst möchte ich dem SCR Altach herzlich für die erfolgreiche Zusammenarbeit danken. Der Klub und die Leute sind mir in den vier Jahren ans Herz gewachsen. Es war eine großartige Zeit, trotzdem möchte ich unbedingt die Herausforderung beim SK Rapid annehmen und bin überzeugt, dass wir hier gemeinsam auch aufgrund der hervorragenden Rahmenbedingungen tolle Erfolge feiern können", lautete der erste offizielle Kommentar von Canadi, dem "der Abschied aus Altach extrem schwer gefallen" war.

Nichtsdestotrotz: Mit dem Engagement bei Rapid ist für Canadi ein "Traum in Erfüllung gegangen". Er möchte den "größten Klub Österreichs erfolgreich führen" und Titel gewinnen. "Das ist meine Aufgabe hier."

Debüt mit einem Schlager

Bis zum nächsten Meisterschaftsspiel am Sonntag in einer Woche, wenn Rapid im Spitzenspiel bei Meister Red Bull Salzburg gastiert, bleibt nicht viel Zeit. "Ich will mir ein Bild machen von der Mannschaft. Ich habe nur eine Woche und werde versuchen, das Bestmögliche herauszuholen und die Mannschaft optimal auf Salzburg einzustellen. Mit den Fans im Rücken kann man dort was mitnehmen, das ist unser Ziel", meinte Canadi. Seine Schützlinge kennt er nur von Beobachtungen: "Ich weiß noch nicht, wie sie ticken."

Deshalb sei es auch noch zu früh, über Zielsetzungen für die verbleibende Saison oder Spielsysteme zu sprechen. "Ich weiß am Montag, was auf mich zukommt, das werde ich dann in Ruhe analysieren. Ich werde nächste Woche Gespräche mit den Jungs führen, und dann werden wir sehen, was wir spielen werden", sagte Canadi, der zunächst "Stabilität und Balance hineinbringen" will.

Er habe mitbekommen, dass die Abschlussschwäche aktuell das größte Problem der Mannschaft darstellt. "Die Leistung selbst war immer in Ordnung, auch die Chancen waren da", merkte Canadi an. Dass der Ball trotzdem nicht im Netz landet, "liegt an der Mentalität. Das sind Verunsicherungen, die dann passieren. Wir hoffen, dass wir das schnell wegbekommen."

Grabherr/Berchtold übernehmen Coaching von Altach

Bei Altach wird Werner Grabherr gemeinsam mit Dietmar Berchtold das Coaching der Mannschaft übernehmen, bis eine Nachfolgelösung gefunden ist. "Wir sind am Mittwoch informiert worden, dass Damir Canadi mit sofortiger Wirkung zum SK Rapid Wien wechseln möchte", erklärte Georg Zellhofer, Geschäftsführer Sport beim SCRA. "Es gibt keinen guten Zeitpunkt für eine Trennung, aber wir respektieren und akzeptieren diese Entscheidung. Die vier Jahre mit Damir waren die erfolgreichsten in der Altacher Klubgeschichte und dafür möchten wir uns bei ihm und (Co-Trainer) Martin Bernhard bedanken. Leider hat er sich für einen sofortigen Wechsel entschieden."

Rapid musste Altach eine Ablöse für das Engagement von Canadi zahlen. Sein Vertrag bei den Vorarlbergern wäre noch bis Sommer 2017 gelaufen. Laut Medienberichten sollen 300.000 Euro fällig geworden sein, um die Ausstiegsklausel zu ziehen.

Canadi begann seine Trainerlaufbahn bereits im Alter von 31 Jahren, nachdem er als Profi zu 19 Bundesliga-Einsätzen gekommen war. 18 bestritt der Mittelfeldspieler für den VfB Mödling in der Saison 1994/95, zuvor war er bereits Ende Mai 1989 als 19-Jähriger mit einem 17-minütigen Einsatz für die Wiener Austria zu seinem Debüt in der obersten Spielklasse gekommen.

Erfolge als Trainer

Nach dem Einstieg als Spielertrainer beim unterklassigen SC Leopoldsdorf führte Canadi 2002/03 den DSV Fortuna 05 als Meister der Wiener Stadtliga in die Regionalliga Ost. Dies wiederholte er acht Jahre später mit dem Simmeringer SC, dazwischen wurde er in der Regionalliga Ost mit PSV beziehungsweise FAC Team für Wien zweimal Vizemeister. In der Saison 2008/09 war Canadi als Co-Trainer beim russischen Spitzenclub Lokomotive Moskau tätig.

Nach erneuten Stationen als Chef-Coach in Wien (FAC und Simmering) wechselte er dann im Oktober 2011 nach Vorarlberg, wo er zunächst beim Erste-Liga-Klub FC Lustenau engagiert war, ehe er im Jänner 2013 zum SCR Altach wechselte. In der Saison 2013/14 führte Canadi die Altacher zum Erste-Liga-Titel und sorgte gleich in seiner ersten Bundesliga-Saison für Furore. Mit den Vorarlbergern holte er 59 Punkte und Platz drei.

Nach dem Abrutschen auf Platz acht im Vorjahr spielt Altach nun wieder ganz vorne mit und liegt nach 14 Runden punktegleich mit Tabellenführer Sturm Graz auf Platz zwei. Gegen Rapid blieb die bisherige Canadi-Elf in den bisherigen Spielen mit einem 1:0-Heimsieg und einem 1:1 in Hütteldorf ungeschlagen. Zuletzt sorgten die Altacher mit einem famosen 5:1-Heimsieg über Austria Wien für Furore. Solche Erfolge soll Canadi nun mit Rapid feiern. (APA, hac 11.11.2016)

Steckbrief Damir Canadi (46 Jahre):

Geboren:
6.5.1970 in Wien

Größe:
1,70 Meter

Familienstand:
Verheiratet mit Susanne, Sohn Marcel (19/spielt in U23 von Borussia Mönchengladbach), Tochter Carina

Wichtigste Stationen als Spieler (Mittelfeld):
1988 bis 1989 Austria Wien
1989 bis 1993 Favoritner AC
1993 bis 1994 SCR Altach
1994 bis 1995 VfB Mödling
1995 Vienna
1995 bis 1996 Favoritner AC
1996 bis 1997 Wr. Sportclub
1997 bis 1998 SV Schwechat
1998 bis 1999 SC/ESV Parndorf

Größte Erfolge als Spieler:
19 Bundesliga-Spiele, 1 Tor (1 Spiel für Austria Wien, 18 für VfB Mödling)

Bisherige Stationen als Trainer:
2001 Leopoldsdorf (Spielertrainer)
2002 bis 2003 Fortuna 05
2003 bis 2004 SV Donau
2004 bis 2007 PSV Team für Wien
2007 bis 2008 FAC (nach Fusion mit PSV)
2008 bis 2009 Lokomotive Moskau
(Co-Trainer von Raschid Rachimow)
2010 FAC
2010 bis 2011 Simmering
2011 bis 2013 FC Lustenau
2013 bis 2016 SCR Altach
2016 SK Rapid Wien (Vertrag bis Sommer 2018)

Bisher größte Erfolge als Trainer:
Bundesliga-Aufstieg mit Altach 2014
Platz 3 in der Saison 2014/15 und Teilnahme an Europa League