Außen moderne Ästhetik, innen wohnliche Holzoptik.

Foto: UNO Wohnen Bau & Immobilien

The House versorgt sich selbst mit Energie.

Foto: UNO Wohnen Bau & Immobilien

Was aussieht wie das Lieblingsfoto vom letzten Strandurlaub, das in vergrößerter Form die Wohnzimmerwand ziert, ist in Wahrheit ein Heizkörper. Genauer gesagt: ein Infrarotpaneel. Und auch im Badezimmer gelingt die Täuschung perfekt, denn auch der Spiegel über dem Waschbecken dient gleichzeitig als Wärmequelle.

Zu finden sind diese fortschrittlichen Heizkonzepte im Vorzeige-Eigenheim The House im kleinen Ort Baumgartenberg in Oberösterreich. Hier steht neben bereits bewohnten Einheiten auch das Musterhaus des von GAP Solution und UNO – Wohnen Bau und Immobilien entwickelten Gebäudes, das im laufenden Betrieb mehr Energie produziert, als es selbst verbraucht.

Die Energie wird mit einer Photovoltaikanlage erzeugt, die an einer Böschung neben dem Haus steht. Die Praxis im Musterhaus hat gezeigt: Von November bis Februar reichen die Erträge der Anlage nicht aus, um den Bedarf im Haushalt zu decken, von April bis September wird jedoch deutlich mehr Energie erzeugt als benötigt. Um auch in Zeiten geringerer Solarstrahlung eigenen Strom verwenden zu können, wird er in einem Speicher gepuffert.

Und auch sonst ist die Haustechnik besonders smart: Die Warmwasserbereitung funktioniert mit Wärmerückgewinnung aus Abwasser. Trinkwasser wird mit einem Betonabsorber in der Fassade aufgeheizt.

Spezielle Zellulosewabe

Obwohl originelle Heizkörper im Holzhaus für alle Fälle installiert sind, kann The House auf eine herkömmliche Heizung eigentlich verzichten. Das liegt an der speziellen Fassade, die die Temperatur das ganze Jahr über konstant hält. Das funktioniert so: Eine spezielle Zellulosewabe im Inneren der Gebäudehülle wandelt Sonnenlicht in Wärme um und speichert sie. Die Wärme geht nicht verloren, das Haus wird dadurch gedämmt, die Zufuhr zusätzlicher Energie ist nicht notwendig. Um das Haus bildet sich ein unsichtbarer, temperierter Luftpolster, der Klimaeinflüsse automatisch reguliert. Die Fassade selbst ist eine Holzkonstruktion, über den Zellulosewaben liegt eine Glasabdeckung.

Im Winter dringt das Licht der niedrig stehenden Sonne tief in die Wabe ein und erwärmt sie. Diese autonome Klimazone reduziert den Wärmeverlust auf beinahe null. Im Sommer wird ein großer Teil der steil einstrahlenden Sonne reflektiert, die Wabe verschattet sich selbst. So entstehen im Inneren angenehme Temperaturen, eine Klimaanlage wird obsolet.

Die Kombination von Wabentechnologie und schlauer Haustechnik macht es für die Bewohner möglich, von sämtlichen externen Energiequellen unabhängig zu wohnen. "Die überschüssige Energie, die erzeugt wird, kann etwa zur Aufladung von Elektrofahrzeugen verwendet werden", sagt Johann Aschauer, Geschäftsführer von GAP Solution.

Graue Energie

Obwohl die graue Energie, also die Energie, die verbraucht wurde, um Baumaterialien, Photovoltaikanlage etc. herzustellen, nicht in das Plus-Energie-Konzept eingerechnet wurde, sagt Aschauer: "Die graue Energie ist bei einem Holzbau wie diesem minimal."

Was nun alle zukünftigen Häuslbauer besonders interessieren dürfte, ist der Preis für das nachhaltige Eigenheim. Rudolf Aschauer von The House, Bruder von Johann Aschauer, erklärt: "Je nach Ausbaustufe und Technologie kostet dieses Haus ab 500.000 Euro." Über den Lebenszyklus gesehen sparen die Bewohner nach den anfänglichen Mehrkosten jedoch einiges: "Wenn die Errichtungskosten wie bei diesem Haus um etwa zehn Prozent höher sind, können über die Nutzungszeit 15 bis 21 Prozent der laufenden Kosten eingespart werden", erklärt Johann Aschauer. "Allein durch die Wabentechnologie werden etwa zweieinhalb Tankwagen, also um die 50.000 Liter Öl, gespart."

Faktor für Klimawende

Die Umweltschutzorganisation Global 2000 unterstützt das Wohnkonzept von The House. Der Leiter der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit, Martin Aschauer, ist der dritte Bruder im Bunde und hat den Besuch in The House für Journalisten möglich gemacht.

"Wer ein Gebäude wie dieses hier baut, muss das als Vorsorge sehen. Hier braucht man sich keine Sorgen mehr darüber zu machen, was auf den Weltmärkten mit Öl- oder Gaspreisen passiert", sagt Johannes Wahlmüller, Klima- und Energiesprecher von Global 2000, der bei der Besichtigung mit von der Partie ist. "Ein Viertel bis ein Drittel des Energieverbrauchs fällt derzeit im Gebäudebereich an. Gebäude der Zukunft sind jedoch nicht mehr als Energieverbraucher, sondern als Energieproduzenten zu sehen. Das ist ein entscheidender Faktor für die Energiewende, auch in Österreich." (Bernadette Redl, 13.11.2016)