Auch Familien mit behinderten Mitgliedern könnten weniger Geld erhalten.

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Wien – Die Kürzung der niederösterreichischen Mindestsicherung wird Familien mit Kindern, aber auch Behinderte treffen. Darauf verweist die Armutskonferenz in der APA vorliegenden Berechnungen. Als "perfide" wertet die Organisation, dass Behinderten die Bezüge zwar nicht gekürzt werden sollen, dafür aber den pflegenden Angehörigen. Von den Verantwortlichen in Niederösterreich gab es keine Stellungnahme.

Die niederösterreichische ÖVP will kommende Woche eine Deckelung der Mindestsicherung bei 1.500 Euro je Haushalt beschließen, auch im rot-blau regierten Burgenland wird ein "Deckel" diskutiert. Laut Armutskonferenz werden die Kürzungen in Niederösterreich schon Familien mit zwei und drei Kindern treffen. Ebenso Alleinerziehende mit vier Kindern. Allein damit müssten laut Armutskonferenz (basierend auf den Zahlen des Vorjahres) mehr als 2.900 Kinder Verschlechterungen hinnehmen.

Dass die niederösterreichische ÖVP die Kürzungen als Reaktion auf die steigenden Flüchtlingszahlen darstellt, ist für die Armutskonferenz "Augenauswischerei". "Niederösterreicher und Niederösterreicherinnen werden vielfach im selben Maße von den Verschlechterungen betroffen sein", kritisiert die Organisation.

Keine direkte Reduktion

Sie hat mehrere Fallbeispiele aus ihrer Beratungspraxis durchgerechnet und ist zum Ergebnis gekommen, dass – anders als offiziell dargestellt – auch Familien mit Behinderten Kürzungen drohen. Zwar würden die Bezüge von Pflegebedürftigen und Behinderten nicht direkt reduziert. Beziehe aber ein zweites Haushaltsmitglied ebenfalls Mindestsicherung, dann werde diese – damit der 1.500 Euro-Deckel in Summe nicht überschritten wird – stärker gekürzt, kritisiert die Organisation.

Konkret würde ein Familienvater, der wegen seines geringen Arbeitslosengeldes Mindestsicherung beantragen musste und mit seinem behinderten Sohn in einem Haushalt lebt, durch den Deckel 189 Euro monatlich verlieren. Ein Familienvater mit drei (gesunden) Kindern, der die Mindestsicherung ebenfalls zu seinem geringen Arbeitslosenbezug erhält ("Aufstocker"), würde den Berechnungen zufolge 349 Euro monatlich verlieren, eine alleinerziehende Mutter mit vier Kindern 121 Euro monatlich.

ÖVP widerspricht Armutskonferenz

Die niederösterreichische ÖVP weist die Kritik der Armutskonferenz zurück. Wie ein Sprecher der APA am Samstag sagte, soll der 1.500-Euro-Deckel vielmehr um die Ansprüche von pflegebedürftigen Haushaltsmitgliedern erhöht werden. Kürzungen könnte es demnach nur geben, wenn die Ansprüche der "gesunden" Familienmitglieder auch diese erhöhte Obergrenze übersteigen.

Laut ÖVP-Klubsprecher Eberhard Blumenthal sei der Gesetzesentwurf so zu interpretieren, dass die Ansprüche von Behinderten und Pflegebedürftigen auf die 1.500-Euro-Obergrenze des Haushaltes aufgeschlagen werden.

Dennoch sind Fälle denkbar, in denen auch Haushalte mit Behinderten oder Pflegebedürftigen von Kürzungen betroffen sein könnten, wie Blumenthal einräumte. Und zwar dann, wenn die Ansprüche der gesunden Haushaltsmitglieder auch die erhöhte Obergrenze übersteigen, womit die erhöhte Obergrenze als "Deckel" für diese Ansprüche wirken würde. Hier sei die Vorgehensweise dann aber letztlich nicht anders als bei allen anderen größeren Familien auch, so der ÖVP-Klubsprecher. (APA, 12.11.2016)