Alles tun für die Macht, natürlich auch morden: Adina Aaron (als Lady Macbeth) und Roberto Frontali (als Macbeth).


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Wien – Erfreulich, so ein Regisseur etwas wagt; schön, wenn ihm dabei Packendes, Überraschendes gelingt – es darf dann mitunter auch was auf hohem Niveau danebengehen. Bedauerlich jedoch, wenn Ambitionen karge Früchte tragen. Und doppelt unangenehm, wenn der Regisseur zugleich Intendant des Hauses ist und – wie Roland Geyer in seinem Theater an der Wien – auf die Bühne muss, um bei Macbeth einen Buhregen über sich ergehen zu lassen. Unschönes Bild – so ein "bestrafter" Intendant. Ebendieses Bild wäre ein zureichender Grund, darüber nachzudenken, ob es lohnt, als Hausherr Regierisiken einzugehen. Der Regisseur kann den Intendanten sehr wohl beschädigen.

In einem ziemlich leeren Raum – begrenzt durch rote Vorhänge – wandert die Inszenierung jedenfalls gemütlich zwischen jenem Rampentheater, das an Repertoirehäusern nicht weniger lästig wirken würde, und grellen Ideen, die sonderlich Zwingendes auch nicht zu bieten haben.

Aus einem spiegelprallen, silbrigen Zylinder kommen Hexen quasi als Mannfrauen (eine jede zur Hälfte im Frack und zur anderen im Kleid) und tanzen revueartig ihre Weissagungen. Nun ja. In Macbeth würde es schon reichen, das machversessene Pärchen (Macbeth und seine Gattin) als Quelle ethikfreien Handelns intensiv zu gestalten.

Macbeth aber (Roberto Frontali steigert sich mit seinem leider nie noblen Klang schließlich zu einer gewissen vokalen Intensität) zelebriert zu oft abgestandene Bühnenposen, während seine Lady Macbeth (Adina Aaron klang wiederum etwas zu samtig-schön, aber nicht immer intonationssauber) auch im Bösen lieblich wirkt. Dass sie zu Entkleidungskunststücken (auf einem prunkvollen Herrschersessel) angehalten wird, führt nur zu einer krampfigen Simulation von Begehren zwischen zwei Extremgestalten. Auch der Umgang mit dem Kollektiv (engagiert der Schönberg-Chor) kann nur als zumeist rigide bezeichnet werden. Und der Videoversuch, blutrünstigen Schrecken zu porträtieren (David Haneke), mutet etwas plakativ an: Hieronymus Boschs Figuren aus dem Jüngsten Gericht wurden da in Bewegung versetzt; ästhetisch allerdings bleiben sie der Inszenierung fremd. Ist aber vielleicht Geschmackssache.

Ansonsten vokal Solides: Es betrifft Banco (Stefan Kocan), Macduff (Arturo Chacón Cruz) und Malcolm (Julian Henao Gonzalez); kurz aufhorchen ließ Natalia Kawalek (als Dame di Lady Macbeth). Die Wiener Symphoniker wiederum setzten die auf dramatische Rufzeichen und drängendes Musizieren angelegten bereichernden Ideen von Bertrand de Billy akkurat um. Vielleicht war manches etwas zu robust (jedenfalls in der dritten Reihe rechts ...). Dennoch konnten auch agogische Feinheiten und Sanftheiten entdeckt werden.

Wie Placido Domingo (als Macbeth) mit ihnen umgehen wird, zeigt die zweite Variante dieser Inszenierung, die zur Revue der Rampenposen schrumpfte. (Ljubisa Tosic, 13.11.2016)